| # taz.de -- Abwasser in Finnland: Goldgrube wird zur Giftquelle | |
| > Aus den Becken der Mine Kittilä strömt eine toxische Brühe in die Umwelt. | |
| > Sie bedroht das Leben in wichtigen Laichgewässern für den Ostseelachs. | |
| Bild: Eisschwimmen in Lappland: Dafür ist wohl nicht jeder Fluss sauber genug. | |
| Stockholm taz | Das Szenario verursacht ein Déjà-vu: Aus undichten oder | |
| unterdimensionierten Klärbecken von Minen strömt ein Giftcocktail | |
| unkontrolliert in die umgebende Natur. Was 2012 und 2013 beim Nickeltagebau | |
| im finnischen Talvivaara passierte, als Millionen Liter giftiger | |
| Grubenschlamm Böden und Gewässer verseuchten, wiederholt sich nun 400 | |
| Kilometer nordwestlich im lappländischen Kittilä. | |
| Dort betreibt der kanadische Minenkonzern Agnico Eagle einen Tagebau, in | |
| dem er das größte europäische Goldvorkommen ausbeutet. 4.000 Tonnen Gestein | |
| werden täglich abgebaut. Das mit hochtoxischen Zyaniden belastete Abwasser | |
| aus dem Produktions- und Anreicherungsprozess sammelt man in offenen | |
| Becken. | |
| Gab es in der Vergangenheit wiederholt Probleme, weil sich zyanidhaltige | |
| Staubwolken bildeten und über weite Entfernungen unkontrolliert | |
| ausbreiteten, entdeckte die lappländische Umweltbehörde NMT Ende Oktober | |
| Lecks in den Abwasserbecken, die sie als „schwerwiegend“ einschätzt. | |
| Gleichzeitig meldete der Betreiber, er habe die „Abwasserbalance“ nicht | |
| mehr im Griff. | |
| Umweltschützer forderten einen sofortigen Produktionsstopp. Stattdessen | |
| erhielt die Grube jedoch die Genehmigung, ihre Produktion fortzusetzen. Sie | |
| darf vorübergehend ungeklärten Abwasserschlamm in den nahen Seurujoki | |
| pumpen, um den Druck auf den Damm zu mindern. Ein stark schwermetall-, | |
| zyanid- und arsenhaltiger Cocktail bedroht nun das biologische Leben im | |
| Ounasjoki-Flusssystem, zu dem der Seurojoki – ein wichtiges Laichgewässer | |
| für den Ostseelachs – gehört. | |
| In Kittilä gebe es das gleiche Problem wie in Talvivaara, sagt Eira | |
| Luokkanen, Direktorin der Umweltbehörde: Man habe die Abwassermenge und den | |
| zusätzlichen Druck durch Niederschläge unterschätzt. | |
| ## Umweltschützer: Abwasserbilanzen schöngerechnet | |
| Können die Genehmigungsbehörden nicht rechnen? Doch, nur anders, sagen | |
| Umweltschützer. Sie rechneten die Abwasserbilanzen absichtlich schön, um | |
| die Kosten für die Betreiber so gering wie möglich zu halten. | |
| Tatsächlich war den Betreiber der Grube erlaubt worden, die Produktion um | |
| ein Drittel auszuweiten – ohne dass sie die Deponiekapazitäten entsprechend | |
| anpassen mussten. | |
| So attraktive Bedingungen für die internationalen Grubenkonzerne sind | |
| politisch gewollt. Die Mineralienstrategie Helsinkis hebt ausdrücklich die | |
| Bedeutung der Branche als künftiger Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor | |
| hervor. Umweltbelange haben da im Konfliktfall offenbar zurückzutreten: | |
| „Man muss die Frage stellen, ob finanzielle Interessen zu ausschlaggebend | |
| geworden sind“, kritisiert Tapio Määttä, Professor für Umweltrecht. | |
| 5 Nov 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
| ## TAGS | |
| Umweltbelastung | |
| Lappland | |
| Goldmine | |
| Finnland | |
| Nigeria | |
| Finnland | |
| Rodung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Umweltzerstörung in Finnland: Milde Strafe für Giftbrühe-Skandal | |
| Bei der Umweltkatastrophe wurde eine Fläche von 100 Quadratkilometern | |
| verseucht. Die Verantwortlichen erhielten nun eine Bewährungsstrafe. | |
| Vorwürfe gegen Shell: Verseuchung im Nigerdelta dauert an | |
| Amnesty International wirft Shell vor, vorsätzlich falsche Angaben über die | |
| Erdöl-Aufräumarbeiten in Nigeria gemacht zu haben. | |
| Giftschlamm aus finnischer Nickelgrube: Betreiber vor Gericht, Behörden nicht | |
| Uranhaltige Schlämme aus dem Tagebau Talvivaara verseuchten 100 | |
| Quadratkilometer Boden und Gewässer in Ostfinnland. Wer war schuld? | |
| AKW-Planung in Finnland: Erstmal Fakten schaffen | |
| Noch ist nicht sicher, ob Finnlands sechstes AKW gebaut wird. Doch das Land | |
| wird schon mal gerodet. Von der EU drohen Einwände gegen den Bau. |