# taz.de -- Umweltzerstörung in Finnland: Milde Strafe für Giftbrühe-Skandal | |
> Bei der Umweltkatastrophe wurde eine Fläche von 100 Quadratkilometern | |
> verseucht. Die Verantwortlichen erhielten nun eine Bewährungsstrafe. | |
Bild: Laster in der Nickel-Mine von Talvivaara | |
STOCKHOLM taz | 800 Millionen Liter Giftbrühe flossen vor acht Jahren aus | |
dem Tagebau Talvivaara. Ein Unfall, der weite Flächen im Norden Finnlands | |
verseuchte. Am Donnerstag verkündete das Verwaltungsgerichtshof von | |
Rovaniemi im bislang größten Umweltprozess des Landes sein Urteil gegen die | |
Grubenbetreiber. Das Fazit: Die umfassende Umweltzerstörung sei durch grobe | |
Fahrlässigkeit verursacht worden. Schuldig gesprochen wurden deshalb drei | |
Ex-Manager der Talvivaara-Grubengesellschaft. Zwei erhielten Geldbussen und | |
der ehemalige Direktor wurde neben einer Geldstrafe von 500.000 Euro zu | |
einer Haftstrafe von 6 Monaten auf Bewährung verurteilt. Außerdem müssen | |
die Angeklagten die Verfahrenskosten von 3,8 Millionen Euro tragen. | |
Ein eigentlich mildes Urteil, meint Kai Kokko, Umweltrechtsprofessor an der | |
Universität Helsinki, „zumal man aufgrund der Folgeschäden von der bislang | |
schwerwiegendsten Umweltkatastrophe in Finnland“ ausgehen müsse. Aber im | |
finnischen Umweltstrafrecht gibt es hohe Strafvoraussetzungen. Haftstrafen | |
von bis zu 6 Jahren können erst verhängt werden, wenn das Gericht von einem | |
Vorsatz überzeugt ist. Hier blieb es beim Vorwurf der groben Fahrlässigkeit | |
in mehreren Fällen. | |
Als der Nickel-Tagebau von Talvivaara 2008 den Betrieb aufnahm, feierten | |
PolitikerInnen das als Startschuss für eine leuchtende Zukunft Finnlands | |
als Erz- und Mineralienproduzent. Die Technik wurde als innovativ und | |
umweltfreundlich gepriesen. Im Bioleaching-Verfahren sollten aus dem | |
Gestein mit Hilfe von Bakterienkulturen Nickel und Zink herausgelöst | |
werden. | |
Das Problem: Unter den klimatischen Bedingungen Finnlands war das Verfahren | |
nie erprobt worden und darüber, was mit den gewaltigen Mengen an schwefel-, | |
uran- und schwermetallhaltigen Abwässern letztendlich geschehen sollte, | |
machte man sich erst einmal keine Gedanken. Sie wurden in grossen | |
Auffangbecken gesammelt. Diese waren allerdings zu schwach konstruiert. | |
Nach der Schlammflut von 2010 gab es 2013 eine weitere, bei der erneut 400 | |
Millionen Liter in Natur und Gewässer strömten, bevor die Produktion | |
endlich gestoppt wurde. | |
## Keine Konsequenzen für verantwortliche Politiker | |
Im Prozess beriefen sich die Angeklagten auf die staatliche | |
Betriebsgenehmigung. Doch laut Gericht verstießen die Betreiber ständig | |
gegen Auflagen und kamen Meldepflichten nicht nach. Dass die Behörden beide | |
Augen zudrückten, sei nicht strafmildernd zu berücksichtigen. Schon in | |
einem 2013 veröffentlichten Untersuchungsbericht waren dem Aufsichtsamt | |
schwere Versäumnisse und im Prinzip Unfähigkeit vorgeworfen worden. „Jeder | |
Ingenieur musste erkennen, dass die Auffangbecken den Druck nicht | |
standhalten würden“, meint der Umweltsachverständige Esa Tommila. | |
Die Verantwortlichen aus Verwaltung und Politik müssen dennoch keine | |
Strafverfolgung fürchten. Und die Kosten der Sanierung der Natur, die | |
ohnehin nur teilweise möglich sein wird, werden noch auf viele Jahre die | |
SteuerzahlerInnen tragen müssen. | |
23 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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