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# taz.de -- Rosatom baut finnischen Atomreaktor: Mit Tricks zum neuen AKW
> Mit Unterstützung des Wirtschaftsministers: Finnland bekommt seinen
> sechsten Atomreaktor, gebaut vom russischen Atomkonzern Rosatom.
Bild: Als EU-Kommissar warnte Ollie Rehn Finnland, dass es sich mit Akw-Projekt…
Stockholm taz | „Eine Schande für die Demokratie“, nennt es Ville Niinist�…
Vorsitzender der finnischen Grünen. Ausgerechnet am 70. Jahrestag des
Atombombenabwurfs auf Hiroshima bestätigte die Mitte-Rechtsaußen Regierung
am Donnerstag in Helsinki, dass das umstrittene Atomenergieprojekt Pyhäjoki
gerettet sei. Den Atomreaktor bei der nordfinnischen Stadt soll eine
Tochter von Rosatom bauen und betreiben. Der Konzern verantwortet nicht nur
die zivile, sondern auch die militärische Atomindustrie Russlands.
Die Begründung von Wirtschaftsminister Olli Rehn: Das Land brauche für eine
Übergangsperiode Atomenergie als „Brückentechnologie“, um von fossiler
Energieerzeugung unabhängiger zu werden. Offenbar sei „alles käuflich“ bei
dieser Regierung, die sich nun „vor dem östlichen Nachbarn platt auf den
Bauch gelegt“ habe, so Niinistö.
Noch vor 10 Monaten war der gleiche Olli Rehn, damals noch
Europaparlamentarier und Ex-EU-Kommissar, klüger gewesen. Mit scharfen
Worten hatte er damals die Pläne für ein Rosatom-AKW als „Tiefpunkt
finnischer Energiepolitik“ verurteilt.
## Rehns Warnung vor der Blamage
Die Zusammenarbeit mit Russland sei aus wirtschaftlichen wie politischen
Gründen höchst zweifelhaft, zudem müsse man statt auf neue Atomkraft lieber
auf erneuerbare Energieerzeugung setzen. Er warnte Finnland sogar explizit,
sich nicht als „das Land mit misslungenen Atomkraftinvestitionen“ zu
blamieren - immerhin müht es sich auch schon mit dem immer noch nicht
fertiggestellten Skandalreaktor Olkiluoto 3 ab.
In seinem neuen Amt genehmigte Rehn nun nicht nur den Pyhäjoki-Bau, sondern
sorgte auch höchstpersönlich dafür, letzte Hindernisse aus dem Weg zu
räumen. Das finnische Parlament hatte zur Bedingung für den Russland-Deal
gemacht, dass 60 Prozent der AKW-Anteile von finnischen oder EU-Investoren
gehalten werden müssten. Doch die ließen sich auch nach langer Suche nicht
finden. Daraufhin sprang nun der mehrheitlich dem finnischen Staat
gehörende Energiekonzern Fortum ein.
Offiziell weist Rehn jede politische Einflussnahme auf Fortum zurück. Doch
die Stellungnahme von Fortum-Chef Timo Karttinen spricht Bände: Man tue
diesen Schritt nicht aus Interesse an einem neuen Reaktorbau, sondern aus
gesamtgesellschaftlicher Verantwortung. Außerdem sei man an guter
Zusammenarbeit mit Russland interessiert.
Dort hält Fortum Anteile an Wasserkraftwerken - und offenbar ist dem
Konzern eine Aufstockung dieser Anteile als Gegenleistung für die Rettung
des Rosatom-Projekts versprochen worden. Rehn war vor zwei Wochen extra
nach Moskau gereist, um mit dem für Energiefragen zuständigen
stellvertrenden Ministerpräsidenten Arkadi Dworkowitsch den Rosatom-Deal
und dieses Gegengeschäft zu erörtern.
## Der Atomstrom rechnet sich nicht
Eine ökonomische Rechtfertigung für den AKW-Neubau ist schwer zu finden.
Laut Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstitut PTT haben sich die
Strompreise halbiert und die Produktionspreise für Atomstrom verdoppelt,
seit Parlament und Regierung in Helsinki das Neubauprojekt vor fünf Jahren
grundsätzlich genehmigten. Und wegen des Strukturwandels in der finnischen
Wirtschaft sinkt der industrielle Energiebedarf stetig. Energieexperte
Peter Lund befürchtet, dass letztlich die finnischen SteuerzahlerInnen den
Atomstrom subventionieren müssen.
Auch Minister Rehn kann diese Zahlen nicht leugnen. Doch rechnet er - ohne
konkret zu werden - mit einem steigenden Energiebedarf Finnlands, meint
erneuerbare Energien seien „noch nicht zuverlässig genug“ und betont die
positiven Auswirkungen des Reaktorbaus auf den Arbeitsmarkt. Die FinnInnen
scheint das mehrheitlich nicht zu überzeugen. Laut Meinungsumfragen ist
eine Mehrheit gegen den Bau, nur ein Drittel der Bevölkerung unterstützt
das Neubauprojekt. Am Donnerstag gab es in Helsinki eine
Anti-AKW-Demonstration, Greenpeace überreichte der Regierung einen von über
45.000 Personen unterzeichneten Protestaufruf.
Und wie ist eigentlich so ein russischer AKW-Neubau in Finnland mit den
EU-Sanktionen gegenüber Russland vereinbar? Obwohl für die Militärpolitik
Russlands von zentraler Bedeutung, ist der Staatskonzern Rosatom von
EU-Sanktionen bisher auffällig ausgespart worden. Angeblich auf Drängen
Helsinkis. Und Rehn teilte nun mit, er habe sich in Brüssel ausdrücklich
abgesichert. Der russische Energiesektor werde auch weiterhin von der
Sanktionspolitik unberührt bleiben, versicherte er. „Dann will sich also
nicht nur Finnland, sondern auch die EU in Zukunft noch mehr von der
russischer Energieversorgung abhängig machen“, kritisiert Niinistö.
7 Aug 2015
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Russland
Finnland
Rosatom
AKW
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Rodung
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