# taz.de -- Blockade der Brennelementefabrik Lingen: Der bizarrste Fehler des A… | |
> AKW-Gegner wollen am Montag vor der Brennelementefabrik in Lingen | |
> demonstrieren. Die versorgt die Branche weltweit. | |
Bild: Das Atomkraftwerk Emsland südlich von Lingen, dicht daneben ist die Arev… | |
Hannover taz | Atomkraftgegner und Umweltschützer protestieren am kommenden | |
Montag vor der maroden Atombrennelementefabrik in Lingen im Emsland. Die | |
Anlage beliefere „Atomkraftwerke in der ganzen Welt mit Treibstoff“, sagt | |
Clara Tempel vom Jugendnetzwerk für politische Aktionen (JunepA). Die | |
Aktivisten planten, die einzige Zufahrtsstraße des Werks zu blockieren. | |
„Wir wollen bewusst in den Betriebsablauf eingreifen.“ Das Netzwerk ist | |
bereits mit spektakulärem Protest gegen die Braunkohletagebaue im | |
rheinischen Revier, unter anderem im Hambacher Forst, aufgefallen. | |
Die Brennelementeproduktion in Lingen steht für den wohl bizarrsten Fehler | |
des deutschen Atomausstiegs. Wie die Urananreicherungsanlage (UAA) im | |
benachbarten Gronau verfügt sie über eine unbefristete Betriebsgenehmigung: | |
Selbst wenn Deutschlands letztes Atomkraftwerk 2023 vom Netz gegangen ist, | |
werden die beiden Anlagen weiter Atommüll produzieren. | |
Denn beide Standorte sind für die globale Atomindustrie so wichtig, dass | |
eine schnelle Schließung nie in Frage kam: In Gronau wird der Brennstoff | |
Uran so weit angereichert, dass er für die Nutzung in AKW überhaupt in | |
Frage kommt. Im gerade einmal 50 Kilometer entfernten Lingen wird dieses | |
Material dann in Brennelementform gepresst. | |
Hinter beiden Anlagen stehen internationale Atomkonzerne. Betreiber der | |
Brennelementefabrik in Lingen ist mit der Advanced Nuclear Fuel GmbH eine | |
Tochterfirma der französischen Areva. Besitzer der UAA im münsterländischen | |
Gronau ist die Urenco, die zu einem Drittel den Atomstromfirmen RWE und Eon | |
gehört. Die Urenco kann allein aus Gronau jedes zehnte Atomkraftwerk | |
weltweit mit nuklearem Treibstoff versorgen, schätzen Atomkraftgegner. | |
## „Atommülldesaster von ungeahntem Ausmaß“ | |
Im Zentrum der öffentlichen Debatte standen Lingen und Gronau trotzdem nie. | |
Dabei warnen Umweltschützer wie Willi Hesters vom Aktionsbündnis | |
Münsterland gegen Atomanlagen seit Jahren vor einem „Atommülldesaster von | |
ungeahntem Ausmaß“: Allein in der UAA fallen jährlich bis zu 7.000 Tonnen | |
Uranmüll an. | |
Deren Entsorgung aber ist ist völlig ungeklärt – noch immer landet das | |
radioaktive Material in einem Lager auf dem Gelände des zwischen TÜV und | |
dem Lebensmittel-Einzelhändler K&K versteckten Betriebs. Als | |
Sicherheitsrisiko bewerten Anti-Atom-Aktivisten aber auch die Lingener | |
Brennelementefabrik: Erst im Oktober 2014 wurden dort Risse entdeckt. Mehr | |
als 130 Initiativen forderten darauf in einer Resolution die Stilllegung. | |
Zwar liegen die beiden Standorte Lingen und Gronau in den rot-grün | |
regierten Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Deren grüne | |
Umweltminister Stefan Wenzel und Johannes Remmel müssten „endlich aktiv | |
werden und für eine Schließung kämpfen“, fordern Umweltschützer wie | |
Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg immer wieder. | |
Doch in Niedersachsens rot-grünem Koalitionsvertrag wird die | |
Brennelementefabrik mit keinem Wort erwähnt. | |
In Nordrhein-Westfalen versprachen Sozialdemokraten und Grüne 2012 zwar, | |
sie wollten die „Urananreicherung in Gronau rechtssicher beenden“. Seitdem | |
aber verweist das von der SPD geführte Wirtschafts- und Energieministerium | |
in Düsseldorf gebetsmühlenartig auf „bestandskräftige Genehmigungen“. | |
Außerdem drohten Urenco & Co mit Regressforderungen „in dreistelliger | |
Millionenhöhe“. | |
24 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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