# taz.de -- Finanzierung von Atomfolgekosten: Geld für die Ewigkeit gesucht | |
> Eine neue Atomkommission soll den Rückbau und die Endlagerung bis 2099 | |
> gewährleisten. Sie sucht Modelle zur Finanzierung. | |
Bild: Rückbau eines Kernkraftwerks ist teuer, hier Mülheim-Kärlich. | |
FREIBURG taz | Das Bundeskabinett hat eine neue Atomkommission einberufen. | |
Einer der [1][Chefs ist Jürgen Trittin, der als Umweltminister den ersten | |
Ausstieg verhandelte]. Die Kommission soll sicherstellen, dass für den | |
Abriss der Reaktoren und die Endlagerung des Atommülls auch langfristig | |
ausreichend Geld zur Verfügung steht. | |
Das Problem: Es geht um eine sehr lange Zeitspanne. Das [2][am Wochenende | |
vorgestellte Wirtschaftsprüfergutachten] („Stresstest“) betrachtet einen | |
Zeitraum bis zum fernen Jahr 2099. Allerdings könnte selbst das noch zu | |
kurz gedacht sein, denn die sogenannten Ewigkeitskosten des Strahlenmülls | |
werden noch lange darüber hinaus anfallen. | |
Die Kosten der Entsorgung beziffern die Gutachter zum heutigen Geldwert auf | |
die gewaltige Summe von 47,5 Milliarden Euro. Davon entfallen 19,7 | |
Milliarden auf Stilllegung und Rückbau der Atomkraftwerke, 5,8 Milliarden | |
auf die Zwischenlagerung, 3,8 Milliarden auf das Endlager Schacht Konrad, | |
8,3 Milliarden auf ein Endlager für hochradioaktive Abfälle an bisher | |
unbekanntem Ort sowie 9,9 Milliarden auf Behälter, Transporte und | |
Betriebsabfälle. Fraglich sind nun zwei Dinge: Reichen die zu diesem Zweck | |
gesammelten Beträge wirklich aus? Ebenso unklar ist, ob das nötige Geld | |
tatsächlich noch vorhanden sein wird, wenn es dann gebraucht wird. | |
Der zweite Punkt ist durch die heutige Praxis der Rückstellungen nicht | |
garantiert, weil diese nur Kostenpositionen in den Konzernbilanzen sind. | |
Das Geld, um die Entsorgung tatsächlich bezahlen zu können, müssen die | |
Unternehmen erst noch verdienen. Geht ein Konzern allerdings zuvor pleite, | |
fehlt die entsprechende Finanzierung – ein Szenario, das spätestens seit | |
der Insolvenz des US-Konzerns Enron im Jahr 2001 mitgedacht werden muss. | |
## Nachschusspflicht ja oder nein? | |
Eine Alternative zum heutigen Modell wäre, dass die Konzerne in einen | |
externen Fonds einzahlen, der die Gelder insolvenzsicher verwaltet. Auch | |
ein Stiftungsmodell steht zur Debatte, wie man es bei den Ewigkeitskosten | |
der Kohle bereits praktiziert: die RAG-Stiftung bezahlt diese mit ihren | |
Erträgen. | |
Der alles entscheidende Punkt bei jeder Fonds- oder Stiftungsvariante ist | |
die Frage der Nachschusspflicht. Die AKW-Betreiber hätten gerne einen | |
Fonds, mit dem sie sich durch eine einmalige Zahlung von weiteren | |
Entsorgungskosten freikaufen können. Im Mai 2014 schlugen sie einen solchen | |
Weg bereits vor mit der Intention, das Risiko steigender Entsorgungskosten | |
auf die Allgemeinheit abzuwälzen. | |
Umweltverbände und auch viele Politiker legen hingegen Wert darauf, dass in | |
jedem Fall Kostensteigerungen zulasten der Verursacher des Atommülls gehen. | |
15 Oct 2015 | |
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[1] /Finanzierung-des-Atomausstiegs/!5238931 | |
[2] /Rueckstellungen-der-Atomkonzerne/!5240718 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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