# taz.de -- Proteste gegen schwimmenden Atomschrott: Atomfracht auf Reisen | |
> Hamburgs Hafen ist ein großer Umschlagplatz für strahlendes Material. | |
> Dagegen wollen Anti-Atomkraft-Bündnisse nun protestieren. | |
Bild: Ein Thema nicht erst seit gestern: Protest gegen den Umschlag von uranhal… | |
HAMBURG taz | Jeden Monat rollt mehrmals ein mit Uran-Konzentrat beladener | |
Zug hinter der Umweltbehörde in Hamburg-Willhelmsburg vorbei. 150 Tonnen | |
des strahlenden Pulvers sind es ungefähr pro Ladung, die im Hamburger Hafen | |
ankommt. Dort wird das strahlende Material auf Züge und Lastwagen umgeladen | |
und weiter durch ganz Deutschland transportiert. Anti-Atom-Verbände | |
schätzen, dass jedes Jahr insgesamt 10.000 Tonnen Uran-Produkte im | |
Hamburger Hafen umgeschlagen werden – damit wäre er Atomumschlagplatz | |
Nummer eins in Deutschland. | |
Deutsche und französische Umweltverbände und Anti-Atom-Gruppen haben jetzt | |
Aktionen gegen diese Atomtransporte angekündigt. Entlang der Strecke | |
zwischen Hamburg und dem südfranzösischen Narbonne, wo das Uran-Erz zu | |
Uranhexaflourid umgewandelt wird, wollen die örtlichen Anti-Atom-Gruppen | |
ihren Protest äußern. In Buchholz, Münster, Koblenz, Köln und anderen | |
Städten wollen sie den reibungslosen Ablauf des Transports erschweren und | |
auf die Thematik aufmerksam machen. (Hier geht‘s zur Website: | |
[1][http://www.atomtransporte-hamburg-stoppen.de/]) | |
Den Auftakt soll eine Schienenbegehung am kommenden Sonntag darstellen, bei | |
der die AktivistInnen den Streckenabschnitt vor der Hamburger Umweltbehörde | |
inspizieren wollen. Die AtomgegnerInnen wollen so ihren Protest gleich | |
dorthin bringen, wo sie Verantwortlichen wähnen: in der Umweltbehörde. | |
Der Schienenspaziergang ist gleichzeitig als Mobilisierung für den Tag X | |
gedacht, den Tag also, an dem der nächste Transport im Hamburger Hafen | |
ankommt – wann das sein wird, wissen die AktivistInnen nicht. Gerade sei | |
ein Schiff aus Namibia unterwegs, sagte Dirk Mühlenberger von der Hamburger | |
Initiative „Anti-Atom-Büro“ der taz. Ob Uran an Bord sei, wisse man erst, | |
wenn es den Hafen erreicht habe. | |
Lächerlich nennt Mühlenberger das Verhalten der in Hamburg mitregierenden | |
Grünen in Sachen Atompolitik. „Dass ausgerechnet der grüne Umweltsenator | |
Jens Kerstan derjenige ist, der am nächsten an den Atomtransporten dran | |
arbeitet und nichts dagegen tut, ist schon sehr befremdlich“, sagte er. | |
„Die Koalition hat sich zum Ziel gemacht, mit den Hafenbetrieben eine | |
freiwillige Selbstbeschränkung beim Transport von Kernbrennstoffen zu | |
erreichen“, sagte Umweltbehördensprecher Jan Dube. Die Gespräche hierzu | |
werden derzeit vorbereitet, fügte er hinzu. Ob ein Verbot rechtssicher | |
durchsetzbar sei, halte er für sehr zweifelhaft. | |
Um eine freiwillige Selbstverpflichtung hatten die Grünen die großen | |
Transportunternehmen bereits Anfang 2014 gebeten, nachdem im Mai 2013 im | |
Hamburger Hafen ein Frachter mit radioaktivem Uranhexaflourid in Flammen | |
aufgegangen war und fast eine Katastrophe verursacht hätte. Geändert hat | |
sich seit dem nichts. | |
„Dabei wäre es für die Regierung so einfach“, argumentiert der | |
Umweltverband Robin Wood auf seiner Internetseite – schließlich sei die | |
Stadt Hamburg Anteilseignerin an zwei der großen Unternehmen, die die | |
Atomfracht transportieren: Die Reederei Hapag Loyd und die Hamburger Hafen- | |
und Logistik-AG (HHLA) sind jeweils zu 23 und 69 Prozent in städtischer | |
Hand. Von einem Atomausstieg zu reden, sei angesichts der städtischen | |
Beteiligung an den Atomtransporten zynisch, sagte Mühlenberger. „Jedes | |
Gramm Uran, das hier transportiert wird, wird später Atommüll.“ | |
Der Weg bis dahin ist allerdings lang und teuer: Nachdem das Uranerz aus | |
Namibia, Russland, Kasachstan oder Kanada per Schiff in Hamburg angekommen | |
ist, wird es per Zug oder Lastwagen nach Südfrankreich gebracht, wo es zu | |
Uranhexaflourid umgewandelt wird. Bevor der radioaktive Stoff soweit so | |
angereichert werden kann, dass er im Atomkraftwerk verwendbar ist, muss | |
erst in einer Rekonversionsanalage das Flour wieder abgetrennt werden. | |
Zurück bleibt erst dann angereichertes Uranoxid, das im letzten Schritt, | |
wieder in einer anderen Anlage, in Pellets gepresst und in Form von | |
Brennelementen gemacht wird. | |
9 Sep 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.atomtransporte-hamburg-stoppen.de/ | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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