# taz.de -- Börsengang von Hapag-Lloyd: Kurssturz | |
> Die Hamburger Staatsreederei Hapag-Lloyd ist nur noch halb so viel wert | |
> wie gedacht. Das schmälert die Erlöse und beschert der Hansestadt hohe | |
> Verluste. | |
Bild: Braucht Geld für neue Containerschiffe: Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jan… | |
HAMBURG taz | Es hapert gewaltig bei der [1][Hamburger Staatsreederei | |
Hapag-Lloyd]. Der geplante Börsengang verzögert sich, und aller Voraussicht | |
nach werden die Aktien nur zu einem Mindestpreis über den Tisch gehen. Die | |
Erlöse werden bescheiden sein – wenn es sie denn in nennenswertem Umfang | |
geben sollte. Damit drohen weitere Verluste für den zweitgrößten | |
Anteilseigner: die Stadt Hamburg. | |
Ursprünglich wollte die 168 Jahre alte Traditionsreederei am kommenden | |
Freitag an der Frankfurter Wertpapierbörse in den Handel gehen. | |
Vorstandschef Rolf Habben Jansen, der im Sommer noch von Erlösen von mehr | |
als 500 Millionen Euro geträumt hatte, korrigierte zwischenzeitlich die | |
Erwartungen deutlich nach unten auf gerade mal 265 Millionen Euro. Banker | |
hatten den Börsenwert des Unternehmens von zunächst fünf Milliarden Euro | |
auf höchstens 3,75 Milliarden Euro gesenkt. | |
## Nicht das Ende der Fahnenstange | |
Doch das ist noch nicht das – untere – Ende der Fahnenstange. Am Montag | |
informierte Hapag-Lloyd mögliche Investoren darüber, dass die Aktien nicht | |
zu 29 Euro das Stück, sondern zu je 23 Euro zugeteilt würden. Zugleich | |
wurde die Börsennotierung auf Dienstag nächster Woche verschoben. Damit | |
aber wäre das Unternehmen an der Börse nur noch knapp 2,7 Milliarden Euro | |
wert. „Das ist für alle eine Enttäuschung“, sagte ein Banker. | |
Eine Enttäuschung ist diese Entwicklung auch für die Stadt Hamburg. Diese | |
hatte 2009 und 2012 in zwei Tranchen Anteile an Hapag-Lloyd für 1.144,7 | |
Millionen Euro erworben (siehe Kasten), um den Ausverkauf des Unternehmens | |
an den Konkurrenten NOL in Singapur zu verhindern. Diese Anteile zum | |
Stückpreis von 53 Euro wären jetzt weniger als die Hälfte wert. Der Stadt | |
droht rein rechnerisch ein Verlust von mehr als einer halben Milliarde | |
Euro. | |
Hapag-Lloyd-Chef Habben Jansen, seit Sommer vorigen Jahres im Amt, hält der | |
weltweit trüben Konjunktur zum Trotz am Börsengang fest. „Der Zugang zum | |
Kapitalmarkt ist wichtig für uns“, beharrt der Niederländer. Denn die | |
viertgrößte Frachtreederei der Welt ist knapp bei Kasse. Nach jahrelangen | |
Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe zeigte sich zwar erstmals in | |
diesem Jahr eine Tendenz zur Besserung. In den ersten sechs Monaten 2015 | |
machte Hapag-Lloyd einen Gewinn von 157 Millionen Euro. Bis zum Jahresende | |
allerdings dürfte der kaum noch wachsen. | |
## Frachtraten fallen seit Wochen | |
Denn die Frachtschifffahrt leidet unter der schwächelnden Wirtschaft in | |
China und den wachsenden Überkapazitäten in der Branche. Die Frachtraten | |
fallen seit Wochen kontinuierlich. Das bringt selbst den Weltmarktführer | |
Maersk ins Trudeln. | |
Er erwartet für 2015 nur noch 3,4 Milliarden Dollar Gewinn – 600 Millionen | |
weniger als geplant. Prompt stürzte die Maersk-Aktie in dieser Woche um | |
sieben Prozent ab. „Das war nicht hilfreich für Hapag-Lloyd“, seufzt ein | |
Börsianer. Der dänische Konzern verdient zwar immer noch gut, Hapag-Lloyd | |
aber nicht. Deshalb braucht die Reederei von der Hamburger Binnenalster die | |
Erlöse aus dem Aktienverkauf, um sich sechs neue moderne Containerschiffe | |
leisten zu können. | |
## „Dramatische Fehleinschätzung“ | |
Seine grundsätzlichen Zweifel bestätigt sieht Norbert Hackbusch, | |
Haushaltsexperte der Linken in der Hamburger Bürgerschaft. Die Höhe der | |
städtischen Verluste sei zwar jetzt noch nicht zu beziffern. Doch zeuge es | |
von „Größenwahn“, dass Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) seit vier Jahren | |
schon das Ende der Schifffahrtskrise nahen sehe. Diese „dramatische | |
Fehleinschätzung“, sagt Hackbusch, werde nächsten Dienstag im Ausschuss der | |
Bürgerschaft für Öffentliche Unternehmen kritisch beleuchtet werden. | |
Was Hackbusch nicht sagt: 2009 und 2012 hatte Die Linke den Einstieg der | |
Stadt in das Unternehmen unterstützt, weil sie Verstaatlichungen | |
grundsätzlich positiv gegenüber steht. Ausgezahlt hat sich das auch für Die | |
Linke nicht. | |
27 Oct 2015 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hapag-lloyd.de/de/home.html | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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