# taz.de -- Debatte über Hapag-Lloyd-Aktien: Schnell an fünf Milliarden kommen | |
> Hamburg hat einen Anteil von fast 14 Prozent an der Hapag-Lloyd-Reederei. | |
> FDP und CDU drängen auf einen Verkauf der Aktien, aber die SPD ist | |
> dagegen. | |
Bild: Wichtig für die Hafenstadt Hamburg: Sitz einer großen Reederei zu sein | |
Hamburg taz | Fast fünf Milliarden Euro könnten die Anteile der Stadt | |
Hamburg an der Hapag-Lloyd-Reederei nach aktuellem Aktienkurs wert sein. | |
Seit die Stadt 2009 [1][in das Unternehmen einstieg], ging der Aktienkurs | |
durch die Decke. Damals kaufte die Stadt Anteile, um zu verhindern, dass | |
der Hauptstandort der Reederei nach Singapur verlegt wird. Durch die | |
Wirtschaftskrise ging damals auch der weltweite Handel [2][den Bach | |
runter]. Reedereien konnten ihre Container nicht mehr füllen und gerieten | |
in finanzielle Schieflage. | |
Als Hafenstadt war es für Hamburg wichtig, Sitz einer großen Reederei zu | |
sein. Außerdem waren Arbeitsplätze im Hafen gefährdet. Und so kaufte die | |
Stadt für über eine Milliarde Euro Anteile am Unternehmen. | |
Damals kostete eine Aktie etwa 47 Euro. Heute wird Hapag-Lloyd an der | |
Frankfurter Börse für über 200 Euro gehandelt. Für den Hamburger FDP-Chef | |
Michael Kruse ist das Grund genug, die städtischen Anteile wieder | |
loszuwerden: „Die Ziele für den Kauf damals sind erfüllt“, sagt Kruse. | |
Aufgrund der [3][aktuell guten wirtschaftlichen Lage] sei die Unterstützung | |
der Stadt nicht mehr nötig. „Und wann soll denn ein besserer Zeitpunkt zum | |
Verkaufen sein als jetzt?“ Das sieht auch Götz Wiese so. Er ist | |
wirtschaftspolitischer Sprecher der Hamburger CDU-Fraktion. „Der Staat ist | |
nicht der bessere Unternehmer“, sagt er. Die Stadt solle sich nicht ohne | |
Grund an Unternehmen beteiligen. | |
Für beide Politiker käme ein Verkauf allerdings nur in Frage, wenn | |
sichergestellt werde, dass der Standort des Unternehmens in Hamburg bleibe. | |
Aktuell kann die Stadt mit ihrer Beteiligung von knapp 14 Prozent eine | |
Standortänderung blockieren. Das wurde beim Kauf so festgelegt. Bei | |
eventuellen Verkaufsgesprächen müsste dieser Aspekt neu verhandelt werden. | |
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) möchte die Beteiligung der | |
Stadt halten. „Die gute Entwicklung von Hapag-Lloyd zeigt, dass unsere | |
Investition der richtige Schritt war“, sagt er. Er möchte, dass die Stadt | |
auch in Zukunft im Unternehmen mitentscheiden kann. „Wir haben dafür Sorge | |
zu tragen, dass der maritime Standort Hamburg wächst und gedeiht“, sagt der | |
SPD-Mann. | |
Allerdings sind die Möglichkeiten der Stadt, auf das Unternehmen Einfluss | |
zu nehmen, begrenzt. Im 14-köpfigen Aufsichtsrat stellt Hamburg nur ein | |
Mitglied. Und auch die Reederei teilte auf taz-Anfrage mit, den Hamburger | |
Hafen nicht zu bevorzugen. Er befinde sich „im Wettbewerb mit | |
vergleichbaren Häfen in Europa“, heißt es von Hapag-Lloyd. | |
Den von Kruse genannten Erlös von fünf Milliarden Euro hält Dressel für | |
unrealistisch: „Es zeugt nicht gerade von finanzpolitischer Kenntnis, | |
solche Mondsummen aufzurufen.“ | |
Tatsächlich stufen einige Investment-Analysten das Unternehmen als | |
überbewertet ein. Die Aktie werde für mehr Geld gehandelt, als sie | |
eigentlich wert sei. Das liegt daran, dass nur 3,6 Prozent der Anteile an | |
der Börse gehandelt werden. Der Rest ist in den Händen von großen | |
Investoren wie der Stadt Hamburg oder dem Milliardär Klaus-Michael Kühne. | |
Durch das geringe Angebot an Aktien steigt der Preis der einzelnen Anteile. | |
Wenn die Stadt allerdings ihre gesamten 14 Prozent auf einmal verkaufen | |
würde, ist fraglich, ob damit tatsächlich um die fünf Milliarden Euro | |
erzielt werden könnten. | |
## Dicke Rendite | |
Laut Dirk Süß, dem Geschäftsführer des Hamburger Instituts für | |
Weltwirtschaft, wäre ein Verkauf ohnehin nur sinnvoll, wenn die Milliarden | |
dann besser investiert werden könnten: „Vor einem Verkauf der Anteile | |
sollte über die Verwendung der Erlöse nachgedacht werden.“ Investitionen | |
seien Konsum vorzuziehen. Auch sei es angesichts niedriger Zinsen aktuell | |
nicht so wichtig, Schulden zu tilgen, so Süß. | |
Dass es Hapag-Lloyd mittlerweile wirtschaftlich gut geht, ist unumstritten. | |
„Das Unternehmen ist sehr gut aufgestellt für die Zukunft“, sagt auch | |
FDP-Mann Michael Kruse. Er kennt die Reederei noch gut aus seiner Zeit im | |
Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft. Auch die Rendite, die Hamburg durch | |
seine Anteile bekommt, ist gut. Für das Jahr 2020 zahlte Hapag-Lloyd 3,50 | |
Euro pro Aktie. Mit dem Kaufpreis der Stadt 2009 verrechnet ist das eine | |
Rendite von über sieben Prozent. In der neuesten Analyse der Warburg-Bank | |
gehen Analysten sogar von 15 Euro pro Aktie aus. Für Hamburg wäre das eine | |
Rendite von fast 32 Prozent. Kurz gesagt: Aktuell kann man sein Geld kaum | |
besser anlegen. | |
Auch bei Hapag-Lloyd selbst zeigt man sich zufrieden mit der Beteiligung | |
Hamburgs. Die Stadt sei „ein sehr zuverlässiger, geschätzter und | |
erwünschter Eigentümer“, schrieb das Unternehmen in einer E-Mail an die | |
taz. | |
1 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Finn Walter | |
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