# taz.de -- Sinkende Umsätze: Bankenkrise versenkt Schifffahrt | |
> In Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise droht den norddeutschen Häfen, | |
> Werften und Reedereien eine deutliche Konjunkturdelle. Der | |
> Containerumschlag stagniert, für Schiffsneubauten gibt es weder Geld noch | |
> Nachfrage. | |
Bild: Die Finanzkrise lässt auch im Norden weniger Schiffe fahren. | |
Die Nachricht des Tages zum Thema Finanzkrise kam mal wieder aus dem Haus | |
der HSH Nordbank, und erneut war es keine gute. Am Mittwoch wurde bekannt, | |
dass der HSH-Nordbank noch höhere Verluste drohen als bislang befürchtet. | |
Grund sind diesmal nicht spekulative Anlagen, sondern - noch schlimmer - | |
das Kerngeschäft der Landesbank, die sich rühmt, einer der Weltmarktführer | |
in Sachen Schiffsfinanzierung zu sein. | |
Rund 26 Milliarden Euro hat die Bank in diesem Bereich vergeben, doch im | |
Wellenschlag der Finanzkrise bricht auch hier das Geschäft ein. Die | |
Frachtraten sinken, Schiffsbauaufträge werden storniert. Zinskräftige | |
Darlehen der Nordbanker drohen deshalb zu faulen Krediten zu werden. Schon | |
haben mehrere kleinere Reedereien bei der Nordbank Stundungsanträge | |
gestellt, weil sie ihre Raten nicht mehr zurückzahlen können. Offiziell | |
heißt es, die Bank bräuchte ein bis zwei Milliarden frisches Kapital, um | |
weiter zu machen. Schleswig-Holsteins FDP-Chef Wolfgang Kubicki befürchtet | |
inzwischen sogar, der akute Finanzbedarf der Bank liege bei rund vier | |
Milliarden Euro. | |
Unübersehbar ziehen mit der Finanz- und Wirtschaftskrise Gewitterwolken | |
über der maritimen Wirtschaft auf. Schon im laufenden Jahr stagniert etwa | |
der Containerumsatz im Hamburger Hafen, der in den vergangenen Jahren stets | |
über zweistellige Zuwachszahlen jubeln durfte. Nach einem Einbruch im | |
September liegt die aktuelle Jahresprognose gerade noch bei einem Plus von | |
0,9 Prozent - Tendenz fallend. | |
Während die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) bei derzeit "für das | |
kommende Jahr noch keine Ertragsprognose" wagt, warnte Hamburgs | |
Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am Mittwoch im Hamburger Abendblatt vor | |
den Auswirkungen einer bevorstehenden Rezession. Die zu erwartenden | |
Einbrüche im Schifffahrtssektor hätten auch für Hamburg "als | |
Logistikdrehscheibe erhebliche Konsequenzen". Von Beust: "Hamburg wird sich | |
2009 warm anziehen müssen." | |
Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe rechnet mittlerweile "mit | |
einer Wachstumsdelle im deutschen Seegüterumschlag". Der Mengenzuwachs von | |
rund drei Prozent bei den deutschen, meist im Norden gelegenen Seehäfen | |
werde sich im kommenden Jahr nicht halten lassen. Noch ist der Abschwung | |
nicht bei allen Reedereien angekommen. So notiert etwa Hans-Herwig Geyer | |
von der Bremer Rederei "Beluga Shipping" nur eine "leichte Tendenz nach | |
unten". Geyer: "Noch spüren wir keine Effekte der Finanzkrise und keine | |
Abwärtsbewegung." | |
Noch. Schuld an den schlechten Prognosen des Zentralverbandes ist vor allem | |
das abflauende Geschäft mit den asiatischen Handelspartnern. Von dort | |
kommen dramatische Töne. Die Singapurer Reederei "Neptune Orient Lines | |
(NOL)", die noch im Oktober gewillt war, die Hamburger Traditionsreederei | |
Hapag Lloyd zu übernehmen, kündigte umfangreiche Entlassungen an. 1.000 der | |
insgesamt 10.000 Stellen sollen kurzfristig wegen eines "noch nie da | |
gewesenen Geschäftseinbruchs" gestrichen werden. "Das Umfeld ist so negativ | |
wie nie zuvor in der Geschichte dieser Industrie", warnt NOL-Chef Ron | |
Widdows. "Was wir sehen, geht weit über einen normalen zyklischen Abschwung | |
hinaus." | |
Die begonnene Talfahrt schlägt auch voll auf den norddeutschen | |
Schiffsbausektor durch, in dem nach einer aktuellen Untersuchung des Bremer | |
Instituts für Arbeit und Wirtschaft der IG Metall Küste derzeit knapp | |
21.000 Beschäftigte ihr Geld verdienen. Einen ersten, deutlichen zu | |
hörenden Warnschuss gab vor wenigen Tagen Bernard Meyer ab, Geschäftsführer | |
der auf den Bau großer Passagierschiffe spezialisierten Papenburger | |
Meyer-Werft. "Der Neubaumarkt für Kreuzfahrschiffe ist zurzeit tot", lässt | |
sich der Chef der zweitgrößten deutschen Werftengruppe in einem | |
Zeitungsinterview zitieren. "Viele Aufträge werden jetzt storniert. Die | |
Nachfrage nach neuen Schiffen bricht zusammen." Schuld daran seien die | |
geringere Nachfrage und die restriktivere Kreditvergabe der angeschlagenen | |
Banken. | |
Kaum optimistischer äußert sich die IG Metall Küste in einem aktuellen | |
Papier. Die Gewerkschaft befürchtet, dass "nicht durchfinanzierte | |
Neubauaufträge gestrichen" und Kreditvergaben noch weiter verschärft werden | |
könnten. Die Werften könnten "in Liquiditätsengpässe kommen". | |
19 Nov 2008 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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