# taz.de -- Öl- und Gasriesen gründen Klimaclub: Multis entdecken Herz für U… | |
> Zehn Energiekonzerne setzen sich für ein starkes Klimaabkommen ein – zu | |
> Lasten der Kohle. Der Kampf zwischen den Ölfirmen ist entbrannt. | |
Bild: Auch mit beim Klimaclub der Multis dabei: Shell | |
BERLIN taz | Kurz vor den entscheidenden Vorverhandlungen um einen | |
weltweiten Klimavertrag entdecken zehn international agierende Gas- und | |
Ölkonzerne ihr Herz für die Umwelt. Es müsse ein „effektives Abkommen zum | |
Klimawandel“ bei der UN-Konferenz in Paris im Dezember geben, forderten am | |
Freitag in London die Vorstände von Firmen wie Shell, BP, Statoil, Total, | |
Saudi Aramco und Pemex, die sich mit anderen in der „Oil and Gas Climate | |
Initiative“ (OGCI) zusammengeschlossen haben. | |
Außerdem unterstützen sie „die Errichtung eines klaren und stabilen | |
Politikrahmens, der mit dem Zwei-Grad-Ziel in Einklang steht“. Damit | |
versprechen die Öl- und Gasbosse weniger Emissionen von Klimagasen und | |
Zusammenarbeit bei Energieeffizienz, Forschung, der Suche nach Gas und der | |
umstrittenen unterirdischen Lagerung von Klimagasen (CCS). | |
Am Montag beginnt in Bonn die letzte Woche der UN-Verhandlungen vor dem | |
entscheidenden Klimagipfel von Paris Anfang Dezember. Dort wollen 195 | |
Staaten einen weltweit verbindlichen Vertrag zum Klimaschutz schließen – | |
und die Öl- und Gasfirmen der OGCI wollen sich dabei als Teil der Lösung | |
präsentieren - und nicht als Teil des Problems. „Unser gemeinsames Ziel | |
sind zwei Grad“, heißt es in der Erklärung, „das ist eine Herausforderung | |
für die ganze Gesellschaft. Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten“. | |
Dazu wollen die Multis, die gemeinsam für 20 Prozent der weltweiten | |
Produktion von Öl und Gas stehen, bei der eigenen Produktion Energie sparen | |
und Effizienz fördern. Außerdem wollen sie den Anteil von Gas und | |
erneuerbaren Energien am Energiemix erhöhen und das Abfackeln von | |
ungenutztem Gas reduzieren, den Ausstoß des Klimakillers Methan senken und | |
den Zugang zur Energieversorgung sicherstellen. | |
Mit Eigenlob sparen die Mitglieder der OGCI – Shell, BP, Statoil, Total, | |
Saudi Aramco, Pemex, Repsol, BG Group, Eni und Reliance – nicht: Über die | |
letzten zehn Jahre seien „die CO2-Emissionen unserer Arbeit um 20 Prozent | |
gesunken“, erklärten die Vorstandsvorsitzenden bei ihrem Treffen in London. | |
## Ölbarone kämpfen ums Image | |
Der Vorstoß der Ölbarone zeigt aber auch, dass der Kampf der | |
Energiekonzerne um Image und Marktanteile in den Zeiten des Klimawandels | |
voll entbrannt ist. So erklären die Öl- und Gaskonzerne mit ihrer Forderung | |
nach mehr Gas und nach mehr Erneuerbaren bei der Stromerzeugung der Kohle | |
den Krieg – Unternehmen aus den Kohleländern China und Indien sind | |
folgerichtig nicht Mitglieder der Vereinigung. | |
Deutlich wird auch, dass es zwischen den mehrheitlich europäischen Firmen | |
und den US-Konzernen wie ExxonMobil und Chevron knirscht: Die | |
amerikanischen Firmen haben schon die Forderung von Shell, BP und Statoil | |
aus dem Sommer nach einem „Preissystem für Kohlenstoff“ nicht mitgetragen. | |
Diese Idee, per Steuern oder Emissionshandel die Verbrennung von Kohle, Öl | |
und Gas zu verteuern, fand auch in der OGCI keine Mehrheit. Weil Firmen wie | |
Saudi Aramco oder die mexikanische Pemex dabei sind, fordern die „grünen“ | |
Ölfirmen also nur einen „stabilen Politikrahmen“. | |
Die Konzerne bekennen sich zum Zwei-Grad-Ziel und gestehen ein, dass „der | |
existierende Trend bei den Emissionen nicht mit diesem Anspruch | |
übereinstimmt“. Aber sie erwähnen mit keinem Wort die Berechnungen, dass | |
für eben das Zwei-Grad-Ziel etwa zwei Drittel aller –also auch ihrer - | |
Reserven an Kohle, Öl und Gas nicht verbrannt werden dürfen. Die Multis | |
halten an ihrem konventionellen fossilen Geschäftsmodell fest und wollen | |
den Erneuerbaren nur eine Nebenrolle zugestehen. | |
Deshalb gab es von der Umweltorganisation Greenpeace, die ihren Plan einer | |
„Energie (R)evolution“ mit 100 Prozent Erneuerbaren bis 2050 propagiert, | |
auch scharfe Kritik: „Brandstifter eignen sich nicht als Feuerwehrleute“, | |
sagte Campaigner Charlie Kronick. „Diese Firmen haben jahrelang gegen | |
Klimaschutz Lobbyarbeit gemacht und heute noch Geschäftsmodelle, die zu | |
einem gefährlichen Temperaturanstieg führen. Ihr Vorstoß enthält nichts, | |
was die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft voranbringt.“ | |
16 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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