# taz.de -- Vor dem Klimagipfel in Paris: Protestieren à la française | |
> Großdemos in Paris oder nicht? Umweltorganisationen bangen um die | |
> Demonstrationsfreiheit beim Klimagipfel. | |
Bild: Wer hat Angst vorm Klima-Demonstranten? | |
BERLIN/PARIS taz | Das ist nicht unbedingt selbstverständlich: dass ein | |
Außenminister mit vielen kampferprobten AktivistInnen darüber nachdenkt, | |
wie denn am Ende eine schöne Demonstration aussehen könnte. Laurent Fabius, | |
Außenminister Frankreichs und Vorsitzender des UN-Klimagipfels, hat sich | |
die Zeit dafür genommen. | |
Da saßen nun also die Klimaretter der Straße und ihr institutionelles | |
Feindbild in einem Raum in Paris und berieten darüber, wie es laufen | |
könnte, wenn am letzten Novemberwochenende Zehntausende, vielleicht gar | |
Hunderttausende Menschen auf die Straßen drängen, um bei dem geplanten | |
Klimagipfel für die Rettung der Welt zu demonstrieren. | |
Frankreichs Regierung ist in der Bredouille: Einerseits will sie nach den | |
Terrorangriffen nicht das Zeichen setzen, dass nun auch noch | |
Demonstrationen verboten werden. Andererseits steht sie massiv unter Druck, | |
keine weitere Risiken einzugehen. Zudem arbeiten die Sicherheitsbehörden | |
ohnehin am Limit. Frankreichs Regierung drängt daher darauf, dass alle | |
Protestveranstaltungen rund um den Klimagipfel in klar abgegrenzten Räumen | |
stattfinden. So soll die Regierung vorgeschlagen haben, eine symbolische, | |
abgegrenzte Demonstration mit einigen Tausend TeilnehmerInnen zu | |
organisieren, die in einer Art polizeilichem Spalier laufen könnten. | |
Als Alternative dazu war im Gespräch, die Demonstration am letzten | |
Novemberwochenende, zu der ursprünglich bis zu 300.000 Menschen erwartet | |
worden waren, in ein Fußballstadion zu verlegen. Praktisch ist das, zumal | |
nach den Erfahrungen von Hannover, alles nicht. Allein die Frage, wer die | |
VorzeigedemonstrantInnen aussuchen soll, sorgt bei den AktivistInnen für | |
Gelächter. | |
Doch innerhalb der klimapolitischen Bewegung gibt es auch Uneinigkeiten. | |
Allein unter dem Dach der „Coalition Climat 21“, die gemeinsam zu den | |
Protesten aufgerufen hat, sind rund 130 Gruppen und Organisationen | |
vertreten, die sehr unterschiedliche Interessen vertreten. So sind etwa die | |
großen Gewerkschaften eher bereit, alle Regierungsvorgaben zu erfüllen. | |
Auch innerhalb solcher Vereinigungen, die zu zivilem Ungehorsam aufrufen, | |
gibt es Streit, inwiefern dies vor dem Hintergrund der Terrorangriffe | |
möglich ist. | |
## Regierung entscheidet über Wahrnehmbarkeit | |
Konflikte gibt es auch um die Frage, welche Demonstrationen wie | |
eingeschränkt werden: So rufen zu Beginn des Klimagipfels am 29. November | |
vor allem große, gemäßigte Organisationen auf, die möglichst viele Menschen | |
mobilisieren wollen. Zu den Abschlussdemonstrationen am 12. Dezember rufen | |
dagegen Vereinigungen auf, die verstärkt auf zivilen Ungehorsam setzen. | |
Eine Entscheidung der Regierung, die ein oder andere Veranstaltung zu | |
bevorzugen, hätte also auch Auswirkungen auf die öffentliche | |
Wahrnehmbarkeit der unterschiedlichen Gruppen und Organisationen, die teils | |
seit über einem Jahr mit oft hohem Ressourcenaufwand die Proteste | |
vorbereiten. Es ist ganz sicher nicht deren erstes Problem, aber am Ende | |
auch nicht unbedeutend: Wer in Paris nicht wahrgenommen wird, hat politisch | |
und im Hinblick auf potenzielle Spendeneinnahmen etwas zu verlieren. | |
Entscheidend wird sein, was die französische Regierung entscheidet. Derzeit | |
gilt in Frankreich der Notstand, der alle öffentliche Versammlungen unter | |
Genehmigungsvorbehalt stellt. Er sollte am Mittwochabend verlängert werden. | |
Für Donnerstag hat die Regierung eine Entscheidung im Hinblick auf die | |
geplanten Klimaproteste angekündigt. | |
19 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
Rudolf Balmer | |
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