# taz.de -- Manager über Energiewende: „Es fehlt der Business Case“ | |
> Karsten Löffler über den Profit der Versicherer an den Risiken des | |
> Klimawandels, die Finanzierung der Vorsorge und Rechenprobleme. | |
Bild: Zimbabwe erlebte 2015 eine der schlimmsten Dürren seit Jahren – wäre… | |
taz: Herr Löffler, Sie fahren für die Allianz zum Pariser Klimagipfel. Was | |
haben Sie mit der Klimakrise am Hut? | |
Karsten Löffler: Die Allianz versichert Risiken. Der Klimawandel ist ein | |
großes und schwer kalkulierbares Risiko. Und die Versicherungswirtschaft | |
verfügt über die Expertise, mit großen Risiken umzugehen. Deshalb bringen | |
wir uns ein. | |
Dass Sie an Risiken verdienen, ist klar. Aber wie beteiligen Sie sich an | |
der Risikovermeidung? | |
Ein Beispiel: Eine Kommune kann ihre Risiken durch Hochwasser mindern, | |
indem sie in Überschwemmungsgebieten keine Bebauung zulässt. Hier | |
unterstützen wir mit der Modellierung von Risiken. Im Hinblick auf den | |
globalen Klimawandel gibt es aber noch viele Defizite. | |
Welche denn? | |
Wir sehen etwa, dass es in entwickelten Ländern umfassende | |
Versicherungslösungen für Landwirte gibt, um Ernteerträge vor | |
Umweltgefahren abzusichern. Diese Versicherungen werden teils bis zu 80 | |
Prozent staatlich subventioniert. So sichern Staaten sich und ihre Bauern | |
ab. | |
Das ist doch kein Defizit, sondern ein Traum für Sie: gigantische | |
Versicherungspakete, staatlich finanziert. | |
Das Problem ist, dass in vielen Entwicklungsländern, die der Klimawandel | |
besonders trifft, solche Lösungen meist noch nicht existieren. Dabei geht | |
es nicht nur ums Geschäft, sondern vor allem um die Existenz der | |
Kleinbauern, die eine Dürre direkt in die Armut stürzen kann. | |
Für Sie lauert da gigantisches Marktpotenzial. | |
Selbst wenn das theoretisch stimmt, stimmt es in der Praxis nicht | |
unbedingt. Die Risiken sind da, aber wir können sie häufig noch nicht | |
berechnen. Es mangelt beispielsweise oft an Daten zum landwirtschaftlichen | |
Ertrag, auf deren Basis wir Geschäftsmodelle für diese Risikogruppen | |
entwickeln können. Es fehlt der Business Case. | |
Die Allianz tut sich schwer damit, Versicherungsprodukte zu entwickeln? | |
Die Herausforderung ist keineswegs trivial. Wenn wir nicht wissen, mit | |
welchen Schäden zu rechnen ist, lässt sich keine Bepreisung vornehmen, die | |
auf Schadensfrequenzen und Schadenshöhen basiert. Andere Fragen sind: Wie | |
kann man Kleinbauern kosteneffizient und möglichst direkt erreichen? Passt | |
die mathematisch ermittelte Höhe zur Zahlungsfähigkeit in den Ländern? Hier | |
braucht es Lösungen, die staatliche Stellen und lokale Gemeinschaften | |
einbeziehen. | |
Nennen Sie mal ein Beispiel. | |
Die African Risk Capacity ist eine Dürreversicherung in mehreren | |
afrikanischen Ländern, die unter dem Dach der Afrikanischen Union und mit | |
Unterstützung der Weltbank an einem Versicherungspool teilnehmen. Bei einer | |
Dürre sind die Bauern abgesichert. Das zeigt: Wenn Staaten und Versicherer | |
zusammenarbeiten, funktioniert es. | |
Wie viele neue Verträge bringen Sie denn dann aus Paris mit nach Hause? | |
Keine. In Paris geht es auf politischer Ebene um einen belastbaren Rahmen | |
für die 2-Grad-Ambition. Wir wollen dazu die Anforderungen verstehen und | |
unseren Beitrag dafür entwickeln. Und der Gipfel ist wichtig, um ein klares | |
Signal an Investoren zu senden. | |
Wieso? Sie können doch einfach aufhören, Ihr Geld in Unternehmen wie Shell | |
oder Exxon zu pumpen. | |
Die Allianz ist bereits der führende Finanzinvestor in regenerative | |
Energien. Wir wollen unsere Investitionen in Sonne und Wind verdoppeln. | |
Aber ohne klare politische Ansage gibt es zu wenige Projekte. Da wir nicht | |
spekulieren, sondern für die Altersvorsorge unserer Kunden investieren, | |
brauchen wir langfristig verlässliche Rahmenbedingungen. | |
Was erwarten Sie von Paris? | |
Unsere Botschaft ist klar: Eine Low-Carbon-Ökonomie, die weitestgehend auf | |
regenerativen Energien basiert, wäre für das Klima, die Gesellschaft und | |
die Wirtschaft eine echte Entwicklung. Ein einziges Prozent des | |
Anlagekapitals der Versicherer und Pensionsfonds würde ausreichen, um die | |
Energiewende weltweit zu finanzieren. Die wollen und sollen wir nicht | |
allein finanzieren, aber das Umsteuern in der Klimapolitik wird sicherlich | |
nicht am Geld scheitern müssen. | |
13 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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