# taz.de -- Soziale Bewegungen in Mittelamerika: Immer wieder aufbrechen | |
> Seit dem Ende von Revolution und Bürgerkriegen ist es still um | |
> Mittelamerika geworden. Ein Sammelband gibt Einblick in die gegenwärtige | |
> Situation. | |
Bild: Protest in Guatemala-City: Ein Demonstrant hält einen Schädel in der Ha… | |
Bananen prägen die Geschichte Mittelamerikas. In Guatemala, aber auch in | |
Belize, Costa Rica, Honduras, Panama und Nicaragua ist die krumme Frucht | |
eine wichtige Cash Crop. Nur im bergigen El Salvador hat sich die | |
Plantagenwirtschaft nicht so durchgesetzt wie im Rest Mittelamerikas. | |
Gleichwohl werden die sieben Länder zwischen dem Río Suchiate, der die | |
Grenze zwischen Mexiko und Guatemala markiert, und dem Darién Regenwald an | |
der Grenze zwischen Panama und Kolumbien immer noch als Bananenrepubliken | |
bezeichnet. | |
Korruption und illegale Absprachen mit den USA, deren Geheimdiensten und | |
den Bananenkonzernen haben den Begriff geprägt, der erstmals auf Honduras | |
angewandt wurde. Dort unterstützten die USA 1907 eine korrupte Diktatur, | |
die die Interessen der United Fruit Company gegen die Arbeiter durchsetzte. | |
Bananen zählen immer noch zu den wichtigsten Exportprodukten, und an | |
sozialen Konflikten und Kämpfen für mehr Grundrechte fehlt es auch heute | |
nicht, wie die 15 Autoren von „Engagiert – resistent – bedroht“ zeigen.… | |
Sammelband, herausgegeben von Ina Hilse und Kirstin Büttner, will eine | |
Lücke füllen knapp zwanzig Jahre nach dem Ende des bewaffneten Konflikts in | |
Guatemala, denn es gibt kaum fundierte Literatur über die Region. | |
## Fallstricke der Handelsabkommen mit der EU | |
Zwischenzeitlich sind die Vorzeichen für die soziale Entwicklung nicht | |
besser geworden, wie Gaby Küppers in ihrem Beitrag über das | |
Assoziationsabkommen Zentralamerikas mit der EU darstellt. Darin geht die | |
handelspolitische Referentin der Grünen in Brüssel auf die Fallstricke der | |
Freihandelsabkommen ein, die die Bedingungen für die Entwicklungsländer | |
eher verschlechtern. | |
Ein Dilemma, unter dem auch das einst für seine Sozialpolitik als Schweiz | |
Lateinamerikas gerühmte Costa Rica zu leiden hat. Das bekommen dort vor | |
allem die Migranten zu spüren. Die kommen aus Panama, Nicaragua und El | |
Salvador und placken sich in der Plantagenwirtschaft, auf dem Bau oder in | |
den privaten Haushalten oft unter prekären Bedingungen ab, so schildern es | |
Sebastian Huhn und Torge Löding in ihrem Beitrag über die Mutation der | |
„zentralamerikanischen Schweiz zum neoliberalen Regelfall“. | |
Ernüchternd ist dabei die Tatsache, dass die Gewerkschaften mit allerlei | |
perfiden Mitteln ausgebremst werden. In Costa Rica unter anderem mit der | |
Neugründung von Gewerkschaften unter Unternehmensregie, in Guatemala und | |
Honduras mit systematischem Outsourcing und der Ermordung von | |
Gewerkschaftsrepräsentanten. Dadurch ist in Guatemala der gewerkschaftliche | |
Organisationsgrad auf 1,6 Prozent der Arbeitnehmer gesunken, schreibt | |
Barbara Müller in ihrem Beitrag. | |
## Geschichte wiederholt sich | |
Dabei scheint sich die Geschichte im Kleinen zu wiederholen: 1954 wurden | |
die Bananenarbeiter beim Putsch der Eliten gegen den sozialistischen | |
Präsidenten Jacobo Árbenz blutig unterdrückt und heute führen die | |
Gewerkschaften im Bananensektor wieder einen Überlebenskampf. | |
Doch neue Entwicklungen wie [1][die Demonstrationen gegen die Korruption in | |
Guatemala], die Proteste gegen den Ausverkauf der Naturreichtümer in Costa | |
Rica und Belize oder die vielfältige Widerstandsbewegung FNRP in Honduras | |
zeigen auch, dass die sozialen Bewegungen aktiv sind. Ein Aspekt, auf den | |
die Autoren besonders geachtet haben. Das sorgt dafür, dass „Engagiert – | |
resistent – bedroht“ nicht nur die Lücke in der Berichterstattung über | |
Mittelamerika schließt, sondern auch Perspektiven für die Zukunft aufzeigt. | |
21 Sep 2015 | |
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## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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