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# taz.de -- Lynchmord in Guatemala: Verprügelt und verbrannt
> Ein konservativer Bürgermeister wird verdächtigt, ein Attentat auf einen
> linken Konkurrenten angeordnet zu haben. Ein Mob lyncht ihn.
Bild: Trauer um den gelynchten Bürgermeister.
Berlin taz | Die Polizei traf erst ein, als Bacilio Juracán schon tot war.
Qualvoll war der 43-jährige Lokalpolitiker der nationalkonservativen
Líder-Partei am Sonntagnachmittag auf offener Straße verbrannt. Nur wenige
Meter von seinem Haus entfernt hatte eine aufgebrachte Menge den Mann und
seinen minderjährigen Sohn Ventura gestellt, sie verprügelt und den Vater
mit Benzin übergossen und angezündet, gab am Montag die Staatsanwaltschaft
von Guatemala-Stadt bekannt.
Der Lynchmord ereignete sich in dem kleinen Dorf Concepción, welches zum
Kreis Sololá gehört, rund 140 Kilometer westlich der Hauptstadt.
Hintergrund war offenbar der Verdacht, der Bürgermeister trage die
Verantwortung für ein Attentat auf einen politischen Gegner.
Am Sonntagmorgen gegen 11 Uhr war der Pick-up des lokalen
Menschenrechtsaktivisten und Bauernführers Lorenzo Sequec auf dem Weg von
Concepción in die Provinzstadt Sololá beschossen worden. Die
Menschenrechtsorganisation Udefegua berichtet, zehn Personen hätten auf den
Wagen gefeuert.
Im Kugelhagel starben Sequecs 17-jährige Tochter Lesbia Sequec Bocel sowie
dessen Nichte, die erst 16-jährige Hermelinda Solís Bocel. Zudem wurden er
selbst, seine Frau sowie deren 12-jährige Tochter Paola schwer und zwei
weitere minderjährige Verwandte leicht verletzt.
## Alte Konkurrenten
Die Nachricht vom Attentat auf die Familie, die in Sololá im Krankenhaus
versorgt wird, sprach sich wie ein Lauffeuer in der Region herum. Als
politischer Gegenspieler des Bürgermeisters Bacilio Juracán ist Lorenzo
Sequec in der Region sehr bekannt. Schon 2011, als Juracán zum ersten Mal
zur Wiederwahl antrat, hatte ihm Sequec die Gefolgschaft verweigert und
sich offen gegen ihn gestellt.
Die Konfrontation des Führungsmitglieds der lokalen
Entwicklungsorganisation „Vereinigung der Frauen und Bauern von Concepción“
mit dem nationalkonservativen Juracán ging weiter und wurde immer
unmittelbarer.
Anfang September bewarben sich beide für das Bürgermeisteramt von
Concepción: Lorenzo Sequec trat für die sozialdemokratisch orientierte
„Nationale Einheit der Hoffnung“ (UNE) an, während Bacilio Juracán für d…
konservative „Erneuerte Demokratische Freiheit“ (Líder) kandidierte.
Sequec zog bei der Abstimmung den Kürzeren, klagte aber im Wahlkampf auch
darüber, dass er bedroht werde, weil er Unterlagen zu den Gemeindeausgaben
eingefordert habe.
Laut Udefegua haben die Gerichte dem letzte Woche nach Informationen
stattgegeben und eine Überprüfung der Gemeindekonten angeordnet. Das
könnte, so wird spekuliert, ein Motiv für das Attentat auf Juracáns
Gegenspieler gewesen sein.
Attentate mit derartigen Hintergründen sind in Guatemala alles andere als
selten, erklärt Marvín Túnchez. Im März wurde der Journalist selbst im 50
Kilometer entfernten Mazatenango angeschossen, nachdem er mit zwei Kollegen
zur Korruption in der Stadtverwaltung recherchiert hatte. Schon im Vorfeld
der Wahlen vom 6. September hatte er davor gewarnt, dass es zu
Ausschreitungen kommen könne. „Die Leute fühlen sich allein gelassen, denn
in vielen Gemeinden gibt es keine Präsenz von Polizei und Justiz. Die
Korruption ist weit verbreitet.“ Gründe, weshalb es in Guatemala immer
wieder zu Akten von Selbstjustiz wie in Concepción kommt.
14 Oct 2015
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Guatemala
Lynchmord
Guatemala
Schwerpunkt Pressefreiheit
Mittelamerika
Mittelamerika
Jimmy Morales
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