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# taz.de -- Warnung an säumige EU-Nachbarn: Union pfeift notfalls auf Schengen
> Grenzkontrollen in der EU sind für Unions-Politiker kein Tabu, Merkel
> fordert eine Kraftanstrengung aller EU- Staaten und Ramelow will den
> Soli-Zuschlag umwidmen.
Bild: Kommt das etwa wieder? Bis 2007 wurden an der deutsch-tschechischen Grenz…
BERLIN/MÜNCHEN/BUDAPEST dpa | | Innenpolitiker der Union haben sich für
Kontrollen an Deutschlands Grenzen ausgesprochen, falls europäische
Regelungen in der Praxis ignoriert werden sollten. In einem
Positionspapier, das die Bundestagsabgeordneten Armin Schuster (CDU),
Stephan Mayer (CSU) und Clemens Binninger (CDU) am Montag in Berlin
vorstellten, heißt es: „Sollten der Schengener Grenzkodex und das
Dublin-Verfahren bei den meisten Schengen-Partnern auch weiterhin de facto
kaum noch Anwendung finden und die Prümer Beschlüsse auch künftig nicht
umgesetzt werden, muss als Ultima Ratio auch die temporäre Wiedereinführung
stationärer Grenzkontrollen – zum Beispiel auch gemeinsam mit anderen
Schengen-Partnern – erwogen werden.“
Das Schengen-Abkommen regelt die Kontrolle der EU-Außengrenzen durch die
Mitgliedstaaten. Nach dem Dublin-Abkommen müssen Asylbewerber in dem ersten
EU-Staat, den sie betreten, einen Antrag auf Schutz stellen. Bei den Prümer
Beschlüssen geht es um die grenzüberschreitende Bekämpfung von Terrorismus
und Kriminalität.
In ihrem Papier, das den Titel „Europa – kein Raum für Schlepper und
organisierte Kriminalität“ trägt, fordern die Unionspolitiker die
EU-Kommission auf, zu prüfen, ob und in welcher Qualität die Kontrolle der
Außengrenzen der Europäischen Union nach dem Schengener Abkommen von den
Mitgliedsländern überhaupt noch umgesetzt wird. Die Grenzkontrollen während
des G-7-Gipfels in Elmau hätten bereits gezeigt, dass Deutschlands Nachbarn
mit Ausnahme der Schweiz ihrer Verpflichtung zur Bekämpfung von
Grenzkriminalität nicht ausreichend oder gar nicht mehr nachkämen.
„Binnengrenzfahndung in allen Ländern würde auch den unkontrollierten
Flüchtlingsströmen Einhalt gebieten und das Dublin-Verfahren
gewährleisten“, heißt es in dem Papier weiter. Es gehe aber vor allem um
ein gravierendes Sicherheitsrisiko, „wenn Straftäter wie Terroristen
ungehindert und unkontrolliert reisen können“. Die Innenpolitiker forderten
auch eine Entlastung der Bundespolizisten von Aufgaben, für die eigentlich
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig sei. Außerdem
schlugen sie die Einrichtung von fünf zusätzlichen mobilen
Überwachungseinheiten der Bundespolizei vor. Dafür würden ihren
Berechnungen zufolge 1.000 neue Planstellen und rund 87 Millionen Euro
benötigt.
## „Die Zeit drängt für eine gemeinsame Lösung“
Nach der Koalitionseinigung auf ein milliardenschweres Paket zur
Flüchtlingshilfe sieht die Bundesregierung nun die anderen EU-Staaten am
Zug. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine „Kraftanstrengung“ der
Europäischen Union. „Die Zeit drängt für eine gemeinsame Lösung.“ Notwe…
sei eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge. In dieser Frage ist die
EU bisher zerstritten, vor allem osteuropäische Staaten wehren sich gegen
verbindliche Regeln. Deutschland hatte seit Samstag angesichts der
dramatischen Zustände in Ungarn in einer beispiellosen Aktion Tausende
Flüchtlinge aufgenommen.
Bis zum Sonntagabend kamen nach offiziellen Angaben über Bayern fast 20.000
Menschen in Deutschland an. Für diesen Montag wird damit gerechnet, dass
weitere 10.000 Flüchtlinge ankommen. Das teilte die Regierung von
Oberbayern mit. Nach Angaben der Deutschen Bahn wurden mehr als 22.000
Flüchtlinge in mehr als 100 Zügen transportiert. Viele Menschen wurden
bereits in andere Bundesländer gebracht.
Zuvor hatte sich die Lage in Ungarn zugespitzt. Am Budapester Ostbahnhof
hatten Tausende Flüchtlinge tagelang kampiert, viele hatten sich zu Fuß in
Richtung österreichische Grenze aufgemacht. Daraufhin hatten Kanzlerin
Merkel und ihr österreichischer Kollege Werner Faymann am Freitagabend in
Absprache mit der ungarischen Regierung eine Ausnahmeregelung vereinbart.
Demnach durften die Flüchtlinge ohne bürokratische Hürden und Kontrollen
einreisen.
Die Aufnahmeentscheidung vom Wochenende solle eine Ausnahme bleiben, heißt
es in dem Papier, auf das sich die Spitzen der Koalition in der Nacht zum
Montag geeinigt hatten.
## 150.000 winterfeste Plätze
Die Koalition beschloss unter anderem, dass der Bund die Mittel für
Flüchtlinge im Haushalt 2016 um drei Milliarden Euro erhöht. Bundesländer
und Kommunen sollen weitere drei Milliarden Euro erhalten. Vereinbart wurde
auch, dass der Bund Länder und Kommunen beim Ausbau von etwa 150.000
winterfesten Plätzen in menschenwürdigen Erstaufnahmeeinrichtungen für
Flüchtlinge „verstärkt unterstützen“ wird. Die Koalition will zudem den
Kreis der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten um Kosovo, Albanien und
Montenegro erweitern.
Kanzlerin Merkel zeigte für EU-Staaten, die sich weigerten, Flüchtlingen
Schutz zu geben, kein Verständnis: „Manch einer sagt, er hat damit wenig
zutun. Das wird auf Dauer nicht tragen.“ Vor allem osteuropäische
EU-Mitgliedsländer wehren sich bisher gegen verbindliche Regeln.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will am Mittwoch ein Konzept zur
Verteilung von 120.000 weiteren Flüchtlingen auf EU-Staaten vorstellen.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) hat gefordert, den
Solidaritätszuschlag in Zukunft für die Unterstützung von Flüchtlingen zu
verwenden. „Es wäre besser, wenn der Soli, der zum Aufbau der neuen Länder
derzeit nur noch zur Hälfte genutzt wird, zu einem Integrations-Soli
umgebaut werden würde“, sagte Ramelow am Montag im Deutschlandfunk. „Dann
hätten alle Bundesländer und Kommunen mehr davon und es wäre für die
Bevölkerung transparenter und ehrlicher.“
7 Sep 2015
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