# taz.de -- Antinazi-Proteste in Dresden 2011: Linken-Mitarbeiter hart verurtei… | |
> Ein angeblicher Aufwiegler wird zu 22 Monaten Haft verurteilt. Nach | |
> Ansicht der Verteidigung soll das Urteil vor allem abschreckende Wirkung | |
> haben. | |
Bild: Die Proteste 2011 in Dresden blieben nicht immer so gewaltfrei wie hier. | |
DRESDEN taz | Wegen Körperverletzung, besonders schweren Landfriedensbruchs | |
und Beleidigung hat das Amtsgericht Dresden einen Teilnehmer der | |
Anti-Nazi-Demonstrationen im Februar 2011 zu einem Jahr und zehn Monaten | |
Haft ohne Bewährung verurteilt. Richter Hans-Joachim Hlavka, Vorsitzender | |
des Schöffengerichts, sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte Tim H. am | |
19. Februar in der Dresdner Südvorstadt mit einem Megafon zum Durchbrechen | |
einer Polizeisperre aufgerufen hatte. | |
Bei den Auseinandersetzungen waren vier Polizisten verletzt worden, einer | |
wurde als „Nazischwein“ beschimpft. 2011 war es Demonstranten | |
verschiedenster Herkunft zwar gelungen, einen Aufmarsch von Neonazis zum | |
Gedenken an die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg zu verhindern. | |
Besonders in der Südvorstadt kam es dabei aber auch zu zahlreichen | |
Gewaltexzessen. | |
Der Prozess gegen Tim H. ist der erste gegen einen angeblichen Rädelsführer | |
dieser Krawalle, nachdem Verfahren gegen friedliche Blockierer weitgehend | |
ins Leere liefen. Die Staatsanwaltschaft Dresden wirft ihm vor, den | |
Durchbruch durch eine Polizeisperre an der Bamberger/Bernhardstraße mit | |
Megafon-Ansagen regelrecht organisiert und koordiniert zu haben. Durch | |
seine Körpergröße und andere Indizien sei er hinreichend identifiziert. | |
Verteidiger Sven Richwin aus Berlin bezweifelt jedoch die eindeutige | |
Erkennbarkeit seines Mandanten auf den Bildbeweisen in bekannter | |
Polizeivideoqualität. Aufrufe, „nach vorn“ zu kommen, könnten nicht als | |
Aufforderungen zur Gewalt interpretiert werden. Weil es keine Beweise für | |
Tätlichkeiten von H. selbst gebe, sei auch die von der Staatsanwaltschaft | |
geforderte Strafverschärfung unangebracht. Sie hatte auf zweieinhalb Jahre | |
Freiheitsentzug plädiert. | |
„Was andere getan haben, müssen Sie sich mit anrechnen lassen“, sagte | |
hingegen der Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung. | |
Ein milderes Urteil wäre möglich gewesen, wenn der Angeklagte nicht | |
geschwiegen, sondern sich zu seinen Beweggründen geäußert hätte. Die | |
politischen Implikationen des Falls brachte die Staatsanwaltschaft selbst | |
ins Spiel, als sie die „gerechte Sache“ von Demonstrationen gegen | |
„sogenannte Naziaufmärsche“ nur als Deckmantel für Attacken auf Polizisten | |
bezeichnete. Der Fall ist auch deshalb von einiger Brisanz, weil H. | |
inzwischen Angestellter der Bundesgeschäftsstelle der Linken ist. | |
Verteidiger Richwin bezeichnete das vergleichsweise sehr harte Urteil als | |
ein Exempel, das mit Blick auf das in vier Wochen erneut anstehende | |
Dresden-Gedenken abschreckende Wirkung entfalten solle. Mit größter | |
Wahrscheinlichkeit wird er Berufung einlegen. „Wir hatten unsere Hoffnungen | |
ohnehin nicht in die erste Instanz gesetzt“, sagte er der taz. | |
16 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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