# taz.de -- Thierses Daten im Polizeicomputer: Sächsische Sammelwut | |
> Die sächsische Polizei speicherte illegal persönliche Daten von | |
> Bundestags-Vizepräsident Thierse. Obwohl die Staatsanwaltschafft kein | |
> strafbares Verhalten des Politikers sah. | |
Bild: Polizeibekannter Politiker: Wolfgang Thierse bei der Demo gegen Neonazis … | |
BERLIN taz | Ihre Handydaten-Sammelwut hat die sächsiche Polizei bundesweit | |
bekannt gemacht. Dass sie auch mit anderen personenbezogenen Daten | |
großzügig umgehen, das hat Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) | |
erfahren – durch Zufall. | |
Thierse wollte nach dem Dresdner „Handygate“ im Februar 2011 eigentlich nur | |
wissen, ob von ihm Mobilfunkdaten gespeichert worden sind. Das sei nicht | |
der Fall, teilte man ihm mit. Allerdings finde sich eine Speicherung im | |
Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS). „Ereignis: StGB § 187 | |
Verleumdung – ohne sexuelle Grundlage“. Dazu die Feststellung: „Der | |
Vizepräsident des Deutschen Bundestages hat die sächsische Polizei (…) | |
verleumdet.“ | |
In einem Fernseh-Interview hatte Thierse beklagt, dass die | |
Demonstrationsrechte von Gegnern des Nazi-Aufmarsches eingeschränkt gewesen | |
seien. Die Polizei sei vollauf beschäftigt gewesen, die Neonazis zu | |
schützen. Und er hatte hinzugefügt: „Das ist sächsische Demokratie.“ | |
Thierse habe damit Sachsens Polizisten beleidigt, meinte ein ranghoher | |
Polizeibeamter und stellte Strafanzeige gegen den Politiker. | |
Auch von den beiden großen Polizeigewerkschaften kam harsche Kritik. Der | |
Vorsitzende der Deutschen Polzeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, | |
forderte gar Thierses Rücktritt. Er sei eine „Schande für das deutsche | |
Parlament“. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelte – und stellte das | |
Verfahren gleich wieder ein. Denn ein strafbares Verhalten sah sie nicht. | |
## Staatsanwaltschaft: Äußerung von Meinungsfreiheit gedeckt | |
Dass die Polizei die Demonstration von Nazis schütze, sei eine Tatsache. | |
Und die Äußerung über die „sächsische Demokratie“ von der Meinungsfreih… | |
gedeckt. Dass er mit dieser Geschichte immer noch im Polizeicomputer | |
auftauchte, erstaunte Thierse, denn die Daten hätten längst gelöscht sein | |
müssen. | |
Er sei „außerordentlich befremdet“, schrieb er an das Landeskriminalamt. | |
Das LKA leitete den Wunsch an die Polizeidirektion Dresden weiter. Die | |
teilte Thierse dann Ende Juni mit, dass die gespeicherten Daten | |
„vollständig gelöscht“ worden seien; fast anderthalb Jahre nachdem die | |
Staatsanwaltschaft nicht mehr wegen Thierses Äußerung über „die sächsische | |
Demokratie“ ermittelt. | |
Ebenso sei die Ermittliungsakte „physisch vernichtet“ worden. Ob es üblich | |
ist, dass Daten nicht gelöscht werden, wollte die Polizeidirektion Dresden | |
auf taz-Anfrage nicht sagen. | |
2 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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