# taz.de -- Kommentar Funkzellenabfrage: Dreiste Sachsen | |
> Das Amtsgericht Dresden hat die Massenabfrage von Handydaten im Februar | |
> 2011 für rechtens erklärt. Die Kritik an der Maßnahme wird deshalb nicht | |
> verstummen. | |
Überraschen kann einen die sächsische Justiz nicht mehr. Auch nicht mit der | |
Entscheidung des Amtsgerichts Dresden, dem zufolge die massenhafte Abfrage | |
von Handydaten rund um die Antinaziproteste im Februar 2011 in Dresden | |
rechtmäßig war: War es doch eben dieses Gericht, dass die | |
Funkzellenabfrage, bei der mehr als eine Millionen Verbindungsdaten | |
abgefischt wurden, seinerzeit genehmigt hatte. So weit, so vorhersehbar. | |
Dreist hingegen ist die Öffentlichkeitsarbeit der sächsischen Behörden. | |
Bereits am Mittwoch erging der Gerichtsbeschluss. Dies der Öffentlichkeit | |
mitzuteilen, hielten die Richter nicht für notwendig. Dass sie den Vorgang | |
als zu unwichtig eingestuft haben, ist ausgeschlossen; mit keinem anderen | |
Thema hat Sachsens Justiz im vergangenen Jahr bundesweit mehr mediale | |
Aufmerksamkeit und Empörung erregt. | |
Der Dresdener Polizeipräsident musste gehen, in Bundestag und Bundesrat | |
sind Gesetzesvorhaben anhängig, die die Regeln zur Funkzellenabfrage | |
verschärfen sollen. | |
Bleibt also eine bewusste Entscheidung der Richter: das Thema bloß nicht | |
erneut hochkochen lassen. Die Staatsanwaltschaft dagegen wollte ihren | |
vermeintlichen Sieg dann doch feiern und verschickte eine Pressemitteilung | |
am Freitagabend, kurz vor dem langen Wochenende. | |
Kritische Nachfragen unmöglich, die Deutungshoheit über das Urteil liegt | |
allein bei der Behörde. Das ist keine Öffentlichkeitsarbeit, das ist | |
peinlich. Doch die Hoffnung, dass die Kritik an der Kriminalisierung | |
Zehntausender Demonstranten nun verstummt, wird sich nicht erfüllen. | |
Etliche Betroffene haben angekündigt, juristisch die weiteren Instanzen zu | |
bemühen. Bleibt zu hoffen, dass Richter außerhalb Sachsens andere Maßstäbe | |
an Datenschutz und Verhältnismäßigkeit anlegen. | |
28 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
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