# taz.de -- Gericht zu Funkzellenabfrage Dresden 2011: Handyschnüffeln offizie… | |
> Das Amtsgericht Dresden hat erklärt, dass die Abfrage von mehr als einer | |
> Millionenen Handydaten während Anti-Nazi-Demos erlaubt war. Zweifel | |
> bleiben angebracht. | |
Bild: Demonstriert und ausgespäht: Demo am 19. Februar 2011 in Dresden. | |
BERLIN taz | Das Amtsgericht Dresden hat die Funkzellenabfrage vom Februar | |
2011 für rechtens erklärt. Sowohl die Anordnung als auch der Vollzug seien | |
demnach rechtmäßig gewesen, wie die Staatsanwaltschaft Dresden am | |
Freitagabend mitteilte. Das Gericht, welches seinerzeit auch die | |
richterliche Anordnung zur Funkzellenabfrage gegeben hatte, hat damit jetzt | |
die Anträge von acht Betroffenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der | |
angeordneten Beschlüsse und ihrer Umsetzung abgewiesen. | |
Es habe ein hinreichender Tatverdacht bestanden, begründete das Amtsgericht | |
das Urteil. Ohne eine Funkzellenabfrage hätten die „begangenen Straftaten | |
(Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie gefährliche Körperverletzung) | |
nicht oder kaum aufgeklärt“ werden können. Die Beschlüsse seien daher | |
„erforderlich, geboten und angemessen“ gewesen und daher der „mildeste | |
Eingriff in die Rechtspositionen unbeteiligter Dritter“. | |
Das lässt aufhorchen. Hatten doch die Behörden rund um die Naziproteste im | |
Februar 2011 in Dresden mehr als eine Million Handyverbindungsdaten von | |
mehr als 300.000 Menschen ermittelt. Darunter zahlreichen Unbeteiligten wie | |
Demonstranten, Anwohnern, Journalisten, Anwälten und Politikern. Monatelang | |
wurden die Daten ausgewertet. In mindestens 45 Fällen wurden die Daten auch | |
zweckentfremdet und für Verfahren gegen Blockierer verwendet. Diesen Fehler | |
hatte die sächsische Regierung seinerzeit eingeräumt. | |
Die taz hatte den Skandal [1][vor einem Jahr aufgedeckt]. Daraufhin musste | |
der Dresdner Polizeipräsident wegen mangelnder Informationspolitik seinen | |
Hut nehmen, der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) sah sich | |
massiver Kritik ausgesetzt. Datenschützer liefen Sturm. Bundesweit wurde | |
über die Maßnahme diskutiert. Über die Rechtmäßigkeit der Funkzellenabfrage | |
debattierte auch der Bundestag. Im Bundesrat ist seit Monaten ein Vorschlag | |
zu einer Gesetzesverschärfung anhängig. | |
## Seltsame Öffentlichkeitsarbeit | |
Die jetzige Entscheidung des Gerichtes überrascht daher. Schlicht ärgerlich | |
ist zudem der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Laut Pressemitteilung der | |
Staatsanwaltschaft habe das Amtsgericht den Beschluss bereits am Mittwoch | |
getroffen. Die Mitteilung wurde aber erst am Freitagabend verschickt. Für | |
Nachfragen war – so kurz vor Pfingsten – niemand mehr zu erreichen. So | |
bleiben Fragen offen. Etwa, weshalb nur von acht Antragstellern gesprochen | |
wird. Mehrere Dutzend haben vor dem Amtsgericht einen derartigen Antrag | |
gestellt. Darunter zahlreiche Journalisten. | |
Die Anwältin Kristin Pietrzyk hat ebenfalls einen Antrag vor dem | |
Amtsgericht gestellt. Als Betroffene und als Vertreterin für vier | |
Mandanten. Von dem Gerichtsbeschluss erfuhr sie am Freitagabend von der | |
taz. „Das ist unglaublich", sagt sie. | |
Sie habe mehrfach Akteneinsicht beantragt, die sei ihr nie vollständig | |
gewährt worden. Trotz des Gerichtsbeschlusses ist für sie eins klar: „Das | |
ist noch nicht das Ende der Geschichte.“ | |
25 May 2012 | |
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## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
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