# taz.de -- Handyüberwachung in Deutschland: Wie man Handys Geheimnisse entloc… | |
> Wenn die Sicherheitsbehörden Mobiltelefone überwachen wollen, verfügen | |
> sie über viele Möglichkeitenr. Hier sind sechs Methoden des Zugriffs. | |
Bild: Schlecht gehütetes Geheimnis: Wo sich ein Handy aufhält. | |
Abhören: Wie ein Festnetztelefon kann auch ein Handy abgehört werden. Mit | |
einem richterlichen Beschluss kann die Polizei vom Mobilfunkprovider Zugang | |
zu den Gesprächen eines bestimmten Teilnehmers verlangen. Zur | |
Strafverfolgung kann das Handy eines Verdächtigen oder einer Kontaktperson | |
abgehört werden. Die Rechtsgrundlage ist jahrzehntealt (Paragraf 100a | |
Strafprozessordnung, StPO). Auch zur Abwehr künftiger Gefahren dürfen | |
Telefone in manchen Bundesländern (unter anderem Bayern) und beim BKA | |
abgehört werden. | |
Mitlesen: Auf die gleichen Vorschriften kann sich die Polizei berufen, wenn | |
sie SMS mitlesen will. Deshalb spricht sie heute weniger vom Abhören als | |
allgemeiner von Telekommunikationsüberwachung (TKÜ). Bei einem | |
internetfähigen Smartphone kann sie auch den E-Mail-Verkehr mitlesen. Wenn | |
ein Handy beschlagnahmt wird, darf die Polizei zudem die darin | |
gespeicherten SMS und E-Mails auswerten. | |
Kontakte: Bei Handys und Festnetztelefonen interessiert die Polizei, wer | |
mit wem wann telefoniert hat. Die Polizei kann diese Daten mit | |
richterlichem Beschluss zur Strafverfolgung (Paragraf 100g StPO) und | |
teilweise zur Gefahrenabwehr beim Provider herausverlangen. So kann etwa | |
festgestellt werden, mit wem ein Mordopfer zuletzt telefoniert hat oder mit | |
wem ein frisch enttarnter Terrorist in letzter Zeit im Kontakt stand. | |
Die Vorratsdatenspeicherung sollte sicherstellen, dass diese Daten für die | |
Polizei ein halbes Jahr zur Verfügung stehen. Derzeit ist in Deutschland | |
aber umstritten, ob sie wieder eingeführt wird. Je nach Provider stehen die | |
Telefonverbindungsdaten derzeit nur einige Stunden, Tage oder Wochen zur | |
Verfügung. | |
Ortung: Ein Mobiltelefon kann der Polizei auch verraten, wo sich der | |
Benutzer ungefähr aufhält. Wenn nicht telefoniert wird, gibt das Handy | |
ungefähr einmal am Tag seine Location Area an. Seit 2008 darf die Polizei | |
diese Daten abfragen. Wenn mit dem Handy telefoniert oder gesimst wird, | |
meldet sich das Gerät bei einer konkreten Funkzelle an, dann kann es noch | |
genauer geortet werden. Auf diese Daten hat die Polizei schon länger | |
Zugriff (Paragraf 100g StPO). | |
Mit der Vorratsdatenspeicherung sollten auch die Standortdaten sechs Monate | |
lang festgehalten werden, was derzeit aber nicht geschieht. Bei Telefonen, | |
mit denen nicht oder nicht oft genug telefoniert wird, kann die Polizei | |
"stille SMS" einsetzen, damit solche Verkehrsdaten erzeugt und abgefragt | |
werden können. (siehe Text oben) | |
Ortung per Funkzellenabfrage: Hier fragt die Polizei nicht, bei welcher | |
Funkzelle sich ein bekanntes Handy einwählt, sondern sie will wissen, | |
welche Handys sich bei einer bekannten Funkzelle eingewählt haben (Paragraf | |
100g). So kann sie zum Beispiel herausfinden, welche Telefone in der Nähe | |
eines Tatorts benutzt wurden. Bei Auseinandersetzungen um eine | |
Nazidemonstration in Dresden hat die Polizei im vorigen Februar exzessiv | |
Funkzellenabfragen durchgeführt und die Daten dann auch für unzulässige | |
Zwecke eingesetzt. | |
Imsi-Catcher: Wenn die Polizei nicht weiß, mit welcher SIM-Karte ein | |
Verdächtiger telefoniert, kann sie ihn weder abhören noch orten noch seine | |
Kontakte kontrollieren. Mithilfe eines Imsi-Catchers, der eine Funkzelle | |
simuliert, kann aber die Kartennummer (International mobile subscriber | |
identity = Imsi) herausgefunden werden (Paragraf 100i StPO). | |
Ist die Handynummer bekannt, kann der Imsi-Catcher auch zur genaueren | |
Ortung genutzt werden, indem innerhalb der echten Funkzelle eine immer | |
kleinere virtuelle Funkzelle erzeugt wird. Wenn die Zielperson in dieser | |
Zeit nicht telefoniert, kann die Polizei wieder stille SMS einsetzen. | |
Manche Imsi-Catcher könnten - ohne rechtliche Grundlage - auch Gespräche | |
mithören. | |
2 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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