# taz.de -- Deutsche Waffen und Indonesien: Beruhigungspille für die Öffentli… | |
> Um Menschenrechtler zu beruhigen, tauscht Indonesien leere Versprechen | |
> gegen deutsche Waffen. Ohne die Chance auf Sanktion sind die Klauseln | |
> jedoch nutzlos. | |
Bild: Angela Merkel zu bei Besuch bei Indonesiens Präsident Susilo Bambang im … | |
BERLIN taz | Als Angela Merkel letztes Jahr im Juli Indonesien besuchte, | |
gab es ein Thema, über das Bundeskanzlerin in Jakarta nicht vor der Presse | |
sprechen wollte: den Export deutscher Leopard-Panzer, die das | |
südostasiatische Land gern hätte. | |
Die Regierungschefin zog sich auf die merkwürdige deutsche Rechtslage | |
zurück, über Waffenexporte müsse nur im jährlichen Rüstungsexportbericht im | |
Nachhinein informiert werden. Indonesiens Präsident Susilo Bambang | |
Yudhoyono versuchte dagegen Bedenken mit dem Versprechen zu zerstreuen, | |
Waffen aus Deutschland würden von Indonesiens Militär „nie gegen die eigene | |
Bevölkerung“ eingesetzt. | |
Genau so einen Einsatz fürchtet aber unter anderem das Parlament der | |
Niederlande. Das hat deshalb – und auch wegen der anhaltenden | |
Menschenrechtsverletzungen in der Region Papua – den Verkauf von Panzern an | |
Jakarta abgelehnt. | |
Indonesien hat sich nach Ende der Suharto-Diktatur 1998 zweifellos | |
demokratisiert. Doch sind die früheren schweren Menschenrechtsverletzungen | |
– u. a. wird Indonesien Völkermord in Osttimor mit 150.000 Todesopfern | |
vorgeworfen – weder aufgearbeitet noch wurden je Verantwortliche für ihre | |
Taten belangt. | |
## Nicht gegen die eigene Bevölkerung | |
Schon unter Diktator Suharto hatte sich Indonesien verpflichtet, in | |
Deutschland gekaufte Kriegsschiffe nicht gegen die eigene Bevölkerung | |
einzusetzen. Als 1992 die Kohl-Regierung 39 Schiffe aus DDR-Beständen, | |
hauptsächlich Korvetten und Landungsboote, an das Suharto-Regime verkaufte, | |
verpflichtete sich Indonesien in einem Geheimvertrag, sie nur „zum Zwecke | |
des Küstenschutzes, der Seewegsicherung sowie zur Bekämpfung von Schmuggel, | |
insbesondere im Bereich des Drogenhandels und der Piraterie, zu nutzen“. | |
Damit wollte die Bundesregierung menschenrechtliche Bedenken entkräften. In | |
Indonesien, dessen Militär damals auch eine explizit innenpolitische Rolle | |
hatte, waren die 1994 ausgelieferten Schiffe vor allem wegen der | |
Folgekosten umstritten. 1995 sprach Indonesiens Verteidigungsminister in | |
einem Interview offen davon, die Schiffe für Einsätze im Innern zu nutzen. | |
Die Vereinbarung mit Deutschland interessierte ihn offensichtlich nicht. | |
Trotzdem hielt sich Indonesien unter Suharto noch weitgehend an die | |
Vereinbarung; dessen Nachfolger B. J. Habibie (1999) und Megawati | |
Sukarnoputri (2003) taten dies dagegen nicht. Auf den Einsatz der Schiffe | |
gegen Unruhen im Innern wiesen die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) | |
und Watch Indonesia! die Bundesregierung immer wieder hin. | |
Doch die wollte davon nichts wissen, obwohl sie inzwischen aus den | |
rot-grünen Parteien bestand, die zuvor in der Opposition diesen | |
Rüstungsexport noch kritisiert hatten. 2000 hatte Rot-Grün die | |
Rüstungsexportrichtlinien verschärft, womit die Lage der Menschenrechte im | |
Empfängerland mehr Berücksichtigung finden sollte; trotzdem verkaufte | |
Rot-Grün Indonesien 2001 für acht der alten DDR-Schiffe neue Motoren mit | |
deutschen Staatskrediten und Staatsbürgschaften. | |
## Widerwillig reagiert Berlin | |
Als 2003 in Aceh Indonesiens Militär gegen die dortige Separatistenbewegung | |
in die Offensive ging, wurden die Soldaten dafür vertragswidrig auch mit | |
sechs ehemals deutschen Schiffen transportiert. TV-Kameras filmten, wie | |
Soldaten in Aceh ein früheres DDR-Schiff verließen und von ihrem | |
Kriegseinsatz sprachen. Widerwillig musste sich Berlin mit dem Fall | |
befassen. Später bestätigte die Bundesregierung den Einsatz, doch diente | |
dieser plötzlich nur dem zivilen Transport von Lebensmitteln. | |
„Solche Vereinbarungen wie mit Indonesien sind eine Farce, wenn die | |
waffenexportierende Regierung gar nicht den Willen hat, Verletzungen | |
nachzugehen und diese zu sanktionieren,“ sagt Ulrich Delius, Asienreferent | |
der GfbV. Vereinbarungen ohne Sanktionsmechanismen dienten nur dazu, „eine | |
kritische Öffentlichkeit ruhigzustellen“. | |
Der vorliegende Entwurf des ATT hätte weder den früheren Verkauf der | |
Schiffe noch den heutigen der Panzer eingeschränkt. Eine Völkermordklausel | |
hätte den Kriegsschiffsdeal wegen Indonesiens Brutalität in Osttimor | |
vielleicht verhindert. Doch waren westliche Regierungen, die Indonesiens | |
Annektion der portugiesischen Exkolonie nicht anerkannten, mit dem | |
Bezeichnung „Völkermord“ zurückhaltend. | |
Dafür war ihnen das Suharto-Regime als Partner dann doch zu wichtig; auch | |
hatten die USA der Invasion Indonesiens in Osttimor zugestimmt. Eine | |
Anfrage der taz nach der heutigen Bewertung des damaligen | |
Kriegsschiffsexports ließ das Bundesverteidigungsministerium unbeantwortet. | |
18 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
Sven Hansen | |
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