# taz.de -- Gedenken an ermordeten Aktivisten: Ein Straßenname, der mahnt | |
> Der indonesische Menschenrechtler Munir wurde 2004 mit Arsen vergiftet. | |
> Bis heute wurde der Mord nicht aufgeklärt. Den Haag setzt nun ein | |
> Zeichen. | |
Bild: Gedenkmarsch in 2005: Die Hintermänner des Mordes blieben ungestraft. | |
BERLIN taz | Mit der Benennung eines Radwegs in „Munirpad“ (Munir-Weg) hat | |
die niederländische Stadt Den Haag am Dienstag Indonesiens bekanntestem | |
Menschenrechtler und Träger des Alternativen Nobelpreises, Munir Said | |
Thalib, ein Denkmal gesetzt. „Der Munir-Weg ist eine Mahnung an unsere | |
Regierung, die sich nicht für Menschenrechte einsetzt“, sagte Munirs Witwe | |
Suciwati in Jakarta, bevor sie nach Holland aufbrach, um der | |
Straßenbenennung vor Ort beizuwohnen. | |
Auf dem Flug von Jakarta nach Amsterdam war Munir am 7. September 2004 von | |
einem Piloten der staatlichen indonesischen Fluglinie Garuda mit Arsen | |
vergiftet worden. Der damals wahlkämpfende spätere Präsident Susilo Bambang | |
Yudhoyono nannte die Aufklärung dieses Mordes einen Test dafür, wie weit | |
Indonesien sich demokratisiert habe. | |
Doch die im Geheimdienst BIN vermuteten Hintermänner – Munir hatte BIN | |
scharf kritisiert – wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Der Pilot | |
Pollycarpus Budihari Prijanto, der Munir das vergiftete Getränk verabreicht | |
hatte, wurde zwar zu 20 Jahren Haft verurteilt. Doch nach nur sechs Jahren | |
kam er im November 2014 frei. Die Menschenrechtsorganisation Imparsial, | |
deren Chef Munir gewesen war, legte Beschwerde ein. Eine | |
Gerichtsentscheidung steht noch aus. Einer der mutmaßlichen Drahtzieher, | |
BIN-Vizechef Muchdi Purwoprandjono, war schon 2008 von der Anklage, den | |
Mord in Auftrag gegeben zu haben, freigesprochen worden. | |
Muchdis damaliger Vorgesetzter, der frühere BIN-Chef Hendropriyono, dient | |
dem heutigen Staatspräsidenten Joko Widodo („Jokowi“) als Berater. | |
Hendropriyonos Schwiegersohn, ein General mit zweifelhafter | |
Menschenrechtsbilanz, wurde kurz nach Widodos Amtseinführung im Herbst 2014 | |
Befehlshaber der Präsidialgarde. Es sind diese Verstrickungen, die | |
Indonesiens Menschenrechtlern wenig Hoffnung machen, dass ihr neuer | |
Präsident und Mediendarling es ernst meint. | |
„Wir hatten große Hoffnungen, weil Jokowi im Wahlkampf versprochen hatte, | |
dass er Menschenrechten Priorität einräumen würde und für die Aufarbeitung | |
von Verbrechen der Vergangenheit sorgen würde“, so die | |
Menschenrechtsanwältin Nursyahbani Katjasungkana zur taz. | |
Doch ein halbes Jahr nach Widodos Amtsantritt resümiert sie: „Inzwischen | |
habe ich keine Hoffnungen mehr, dass sich mit Jokowi als Präsident die | |
Menschenrechtssituation in unserem Land verbessert.“ | |
14 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Anett Keller | |
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