| # taz.de -- Grüner Europapolitiker über Prism: „Wir sind Datenminen“ | |
| > Der grüne Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht über den | |
| > Parlamentsauschuss zur NSA-Affäre, das geplante Freihandelsabkommen und | |
| > Druckmittel der EU. | |
| Bild: Die Daten immer im Blick – und sei es durch einen Geheimdienst | |
| taz: Herr Albrecht, am Mittwoch beginnt der Ausschuss für bürgerliche | |
| Freiheiten im Europaparlament mit der Untersuchung der Spionage-Affäre. Was | |
| soll das bringen? | |
| Jan Philipp Albrecht: Wir wollen alle Vorwürfe untersuchen, die sich aus | |
| den Enthüllungen von Edward Snowden ergeben haben. Und zwar nicht nur zum | |
| US-System Prism, sondern auch zum britischen Tempora, zu den französischen | |
| und deutschen Geheimdiensten. Welche Rolle haben die Dienste gespielt, wie | |
| viele Daten wurden abgegriffen? Dafür wollen wir eine Öffentlichkeit | |
| schaffen, denn vielen ist das Ausmaß der Überwachung noch immer nicht klar. | |
| Außerdem wollen wir die nationalen Parlamente der EU-Staaten einbeziehen, | |
| denn die müssen die Geheimdienste kontrollieren, wir können das nicht. | |
| Trotz der Spionagevorwürfe verhandelt die EU mit den USA über ein | |
| Freihandelsabkommen. Ist das ein Fehler? | |
| Ja, das ist ein großer Fehler. Denn wenn sich die Vorwürfe bestätigen | |
| sollten, hätte das weitgehende Konsequenzen nicht nur für den Datenschutz, | |
| sondern für unser gesamtes Rechtssystem. Die Handelsrunde hat ohne | |
| Absicherung für den Datenschutz und den Rechtsstaat begonnen. | |
| Also ist es schon zu spät? | |
| Nein, es ist noch nicht zu spät. Denn die EU verhandelt mit den USA ja | |
| bereits über eine weitergehendere Zusammenarbeit beim Datenschutz und beim | |
| Rechtsschutz für EU-Bürger. Wir sollten zunächst diese Verhandlungen über | |
| gemeinsame Standards abschließen, und zwar unabhängig von der Handelsrunde. | |
| Dabei geht es nicht um technische Standards wie bei Steckdosen, sondern um | |
| die informationelle Selbstbestimmung. Wie wichtig das ist, haben wir | |
| bereits bei den Abkommen über Bank- und Passagierdaten gesehen. | |
| Das heißt, die EU muss nachbessern? | |
| Genau. Die Abkommen über Bank- und Passagierdaten bieten nicht genug | |
| Schutz. Und dabei schlagen wir uns nicht nur mit den Amerikanern herum, | |
| sondern auch mit den Briten. Sie haben in diesen Fragen ein ganz anderes | |
| Selbstverständnis, wie die Skandale um Prism und Tempora zeigen. Zumal die | |
| Europäer wesentlich schlechter organisiert sind als die US-Seite. Die EU | |
| hat jedes Druckmittel aus der Hand gegeben. | |
| Werden unsere persönlichen Daten dann zur Handelsware für US-Konzerne? | |
| Das ist doch jetzt schon so. Aus Sicht der US-Konzerne sind wir keine | |
| mündigen Verbraucher mehr, sondern Datenminen. Amerikanische und | |
| europäische Unternehmen haben die personenbezogenen Daten längst zu einer | |
| Alternativwährung gemacht, mit der sie handeln. Und das entzieht sich | |
| bisher jeder Regulierung, denn es geht nur über die Märkte. Dabei bleibt | |
| nicht nur der Datenschutz, sondern auch der Verbraucherschutz auf der | |
| Strecke. Ich hoffe, dass die EU zu diesen Praktiken Nein sagen wird. | |
| Glauben Sie denn, dass der Parlamentsausschuss zu Prism & Co tatsächlich | |
| etwas bewirken kann? Oder geht es am Ende wieder so aus wie bei der | |
| Echelon-Abhöraffäre vor zehn Jahren, nämlich ohne greifbares Ergebnis? | |
| Zu Echelon hatten wir damals einen Untersuchungsausschuss, und der dauerte | |
| sehr lange, nämlich zwei Jahre. Das war mit ein Grund, warum es nicht viele | |
| Konsequenzen gab. Diesmal wollen wir schon bis Ende 2013 erste Ergebnisse | |
| vorlegen. Ich bin immer noch guten Mutes, dass wir etwas bewirken können. | |
| 10 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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