# taz.de -- Bildungsökonomin über Betreuungsgeld: „Eltern ziehen Kitaplatz … | |
> Ab Donnerstag kann die Herdprämie ausgezahlt werden. Aber die will | |
> plötzlich niemand haben. Familien brauchen sie nicht, glaubt Katharina | |
> Spieß. | |
Bild: Wenn Mutti nicht früh zur Arbeit geht ... dann hat sie Arbeit zu Hause. | |
taz: Frau Spieß, es gab jahrelang Debatten um das Betreuungsgeld. Jetzt ist | |
es da und fast keiner will es haben. Ist es ein Ladenhüter, wie die Grüne | |
Katrin Göring-Eckardt sagt? | |
Katharina Spieß: Über die Gründe können wir als Wissenschaftler nur | |
spekulieren, weil es noch keine Studien dazu gibt. Spekulativ lässt sich | |
sagen, dass viele Eltern das Antragsverfahren möglicherweise noch nicht | |
durchschaut haben. Eine andere These wäre, dass Familien es nicht brauchen. | |
In Bayern, wo bislang erst 500 Anträge eingegangen sind, soll die CSU, die | |
auf das Betreuungsgeld gedrungen hat, Eltern vorausgefüllte Anträge nach | |
Hause schicken. | |
Am 1. August tritt ja nicht nur das Betreuungsgeld in Kraft, sondern auch | |
der Kitarechtsanspruch ab dem 2. Lebensjahr. Es könnte also sein, dass | |
Eltern den Kitaplatz dem Betreuungsgeld vorziehen. | |
Haben sich Eltern da von der Debatte leiten lassen? | |
Sicher haben sich manche Familien davon beeinflussen lassen. Über genaue | |
Gründe können wir jetzt aber noch nichts sagen. | |
In Thüringen, wo man bereits Erfahrungen mit einem ähnlichen Modell, dem | |
Erziehungsgeld, hat, liegt bislang kein einziger Antrag vor. Wird | |
Familienpolitik an den Eltern vorbeigemacht? | |
Unabhängig von den geringen Antragszahlen verwirrt das Betreuungsgeld als | |
familienpolitische Maßnahme mehr, als dass es eine klare Linie vorgibt. | |
Jahrelang wurde gesagt, es muss einen Kitaausbau geben. Und entsprechend | |
wurde investiert. Mit dem Betreuungsgeld wurde dann eine Geldleistung | |
eingeführt, die eine Nicht-Kita-Nutzung subventioniert. Das nehmen viele | |
Eltern als Zickzackkurs wahr. | |
Den Familienministerin Kristina Schröder als Wahlfreiheit und als | |
erfolgreich verkauft. | |
Familienpolitik ist dann erfolgreich, wenn sie konsistent ist. Das sieht | |
man in Skandinavien und in Frankreich. | |
Unterdessen geht hierzulande die Debatte um die „Herdprämie“ weiter. | |
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wettert, das Betreuungsgeld halte | |
Frauen vom Arbeitsmarkt fern. Die bayerische Sozialministerin Christine | |
Haderthauer, CSU, spricht von einer „Feindseligkeit gegen diese | |
Familienleistung“. Alles nur Reflexe im Wahlkampf? | |
Im Wahlkampf kocht das Thema natürlich noch mal hoch. Den Eltern hilft das | |
aber nicht. Sie durchschauen vielfach die Logik familienpolitischer | |
Angebote nicht mehr. Selbst beim Betreuungsgeld wurde immer wieder | |
nachgebessert. Erst war es eine Leistung für Eltern, die zu Hause bleiben. | |
Jetzt können sie arbeiten und trotzdem das Geld beantragen. Sie können die | |
Summe, so eine weitere Idee, aber auch für die Altersvorsorge verwenden | |
oder fürs Bildungssparen. Diese ständigen Veränderungen verunsichern Mütter | |
und Väter – und stärken sie nicht. | |
31 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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