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# taz.de -- Herdprämie und Hartz IV: Mehr Bürokratie für nix
> Hartz-IV-Empfängerinnen, die ihr Kleinstkind nicht in die Kita geben,
> müssen Betreuungsgeld beantragen. Mehr Geld haben sie trotzdem nicht.
Bild: Der Stuhl bleibt leer: Mehr als die Hälfte der Kleinkinder unter drei Ja…
BERLIN taz | Mütter oder auch Väter im Hartz-IV-Bezug, die ihr einjähriges
Kind nicht in eine Kita schicken wollen, müssen Betreuungsgeld beantragen.
Dies erklärte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit auf Anfrage.
Wenn die Frau sich entscheide, ihr Kind nicht in die Kita zu geben, dann
greife Paragraf 12 im Sozialgesetzbuch II, nach dem andere Sozialleistungen
„vorrangig“ in Anspruch genommen werden müssen, so die Sprecherin.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros (BAG) hatte diese
Praxis in einem offenen Brief moniert. Die Frauen seien im Bezugszeitraum
von Betreuungsgeld von „Eingliederungsmaßnahmen ausgeschlossen“, rügte
Beate Ebeling, Gleichstellungsbeauftragte in Wolfsburg, im Gespräch mit der
taz.
In der Tat werden Müttern – oder auch Vätern – im Hartz IV-Bezug, die ihr
Kleinkind zu Hause versorgen und deswegen dem Arbeitsmarkt nicht zur
Verfügung stehen, „in dieser Zeit auch keine Maßnahmen angeboten“, so die
Sprecherin der Bundesagentur.
Mütter oder Väter, deren Kind nach dem 1. August 2012 geboren wurde, haben
Anspruch auf das politisch hoch umstrittene Betreuungsgeld in Höhe von
zunächst 100 Euro im Monat, wenn sie ihren Nachwuchs nicht in eine Kita
oder zu einer öffentlich geförderten Tagesmutter geben. Das Betreuungsgeld
schließt dabei an den Bezug von Elterngeld an, wird also frühestens ab dem
13. Lebensmonat des Kindes gewährt.
## Betreuungsgeld ist „vorrangige Leistung“
Erhalten die Mütter Leistungen nach Hartz IV, wird das Betreuungsgeld als
sogenannte vorrangige Sozialleistung mit dem Arbeitslosengeld II (Hartz IV)
verrechnet. Die Mütter haben selbst also nichts davon, außer einen höheren
bürokratischen Aufwand. Einige Jobcenter verschicken Briefe an die
EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld II mit Kleinstkindern im entsprechenden
Alter.
Daniela Kern, Sprecherin des Jobcenters Braunschweig, sagte, dabei werde es
sich aber wahrscheinlich „nur um einen kleinen Kreis der Leistungsbezieher
handeln, da viele Kinder in staatlich geförderten Einrichtungen betreut
werden“. Im Jobcenter Delmenhorst erklärte Geschäftsführer Hero Mennebäck,
der infrage kommende Personenkreis werde derzeit „ermittelt“ und
entsprechend angesprochen.
Die Jobcenter traten aber dem Eindruck entgegen, Empfängerinnen von Hartz
IV würden zur Inanspruchnahme des Betreuungsgeldes und den Verzicht auf
einen Kitaplatz gedrängt. Wir haben eine „klare Motivation, die Frauen im
Eingliederungsprozess zu halten“, sagte Mennebäck der taz.
## Viele Kleinstkinder bleiben zuhause
Auch Andreas Ebeling, Sprecher des Jobcenters Mitte in Berlin, erklärte, es
wäre „kontraproduktiv“, die Frauen dazu anzuhalten, Betreuungsgeld zu
beantragen und auf einen Kitaplatz zu verzichten. „Je länger eine Frau in
Erziehungszeit bleibt, desto schwerer ist ihre Integration in den ersten
Arbeitsmarkt.“
Von den Alleinerziehenden in Deutschland, zumeist Frauen, beziehen 40
Prozent Leistungen nach Hartz IV. Mehr als die Hälfte der Kleinkinder unter
drei Jahren in Deutschland werden nicht in Kitas, sondern zu Hause
versorgt. Zwei Monate nach dem Start des Betreuungsgeldes wurden bundesweit
mehr als 50.000 Anträge gestellt, wie die Passauer Neue Presse berichtet
hatte.
11 Oct 2013
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Familie
Frauen
Kita
Hartz IV
Betreuungsgeld
Hartz IV
Gleichstellung
Arbeitslosengeld
Betreuungsgeld
Betreuungsgeld
SPD
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