# taz.de -- Festnahmen in Griechenland: Neonazis in Handschellen | |
> Die Spitze der „Goldenen Morgenröte“ wird festgenommen und als | |
> „kriminelle Vereinigung“ behandelt. Erst ein Mord brachte die Justiz in | |
> Bewegung. | |
Bild: Anhänger der rechten Partei versammeln sich, um gegen die Festnahme von … | |
ATHEN taz | Bilder mit Symbolwirkung: In Handschellen wird der 56-jährige | |
Nikos Michaloliakos, Parteichef der rechtextremen „Goldenen Morgenröte“, | |
vor laufenden Kameras abgeführt. Abgeordnete der Neonazipartei werden vor | |
laufenden Kameras zum Athener Polizeipräsidium gebracht, begleitet von | |
Antiterroreinheiten der griechischen Polizei. | |
Auf Michaloliakos folgen der Parteisprecher Ilias Kassidiaris, der für die | |
Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit zuständige Abgeordnete Jannis Lagos, | |
Agitator Ilias Panagiotaros und weitere Parteimitglieder. Sie wirken alle | |
überrascht, manche schreien und drohen, gestikulieren mit Kopf und | |
Schultern. | |
„Wir werden uns nicht beugen“, ruft der ehemalige Elitesoldat Kassidiaris | |
in die Menge. Danach sieht es im Moment nicht aus: Den führenden Köpfen der | |
„Goldenen Morgenröte“ wird vorgeworfen, eine „kriminelle Vereinigung“ | |
gebildet zu haben. Weitere vermutete Straftaten: Totschlag, | |
Körperverletzung, Erpressung, Sprengstoffanschläge sowie Geldwäsche. | |
Unter anderem sollen die Rechtsradikalen Schutzgelder von Geschäftsinhabern | |
wie auch von Migranten erpresst haben. Den Neonazis drohen Haftstrafen, | |
möglicherweise sogar lebenslange. | |
Auslöser für das harte Durchgreifen der Justiz war der Mord an dem | |
HipHop-Musiker und antifaschistischen Aktivisten Pavlos Fyssas. Der | |
mutmaßliche Täter wurde auf frischer Tat ertappt und festgenommen; er gab | |
sich als Mitglied der „Goldenen Morgenröte“ aus. | |
Die rechtsextreme Partei bestreitet jede Verantwortung, doch die | |
Staatsanwaltschaft soll in den letzten Tagen herausgefunden haben, dass der | |
Mörder vor und nach der Tat in ständigem Kontakt mit führenden | |
Parteimitgliedern gewesen ist. | |
## Bisher wurden Rechtsextreme toleriert | |
„Es war das allererste Mal, dass der Angreifer auf frischer Tat ertappt | |
wurde. Nach diesem Vorfall konnte man über das Problem nicht einfach | |
hinwegsehen“, erklärte der sozialistische Politiker Antonis Liaros und | |
nannte „das Problem“ auch gleich beim Namen: „In der Vergangenheit gab es | |
vielerorts Verzögerungen; ich würde sogar behaupten, dass manche | |
Verantwortliche abgeneigt waren, gegen die Rechtsextremen vorzugehen“, | |
klagt der Politiker über die Koalitionsregierung unter Führung des | |
konservativen Premiers Antonis Samaras. | |
Nicht nur Liaros ist der Auffassung, dass der eine oder andere Staatsdiener | |
auf dem rechten Auge blind war; auch die Staatsanwaltschaft scheint diesem | |
Verdacht nachzugehen. Am Samstag wurden auch zwei Polizisten aus Piräus | |
festgenommen. Nach Informationen der Wochenzeitung Proto Thema sei einer | |
von ihnen damit beauftragt gewesen, Anzeigen wegen ausländerfeindlicher | |
Angriffe entgegenzunehmen und sachdienliche Hinweise weiterzuleiten, habe | |
aber nicht seine Vorgesetzten bei der Polizei, sondern die Parteimitglieder | |
der „Goldenen Morgenröte“ benachrichtigt. | |
„Diese Festnahmen hätten vor zwei oder drei Jahren stattfinden müssen“, | |
klagt Javed Aslam, Vorsitzender der pakistanischen Gemeinde in | |
Griechenland. Der Mann ist sich sicher: „Hätte der Staat damals | |
durchgegriffen, dann hätte er auch neunhundert bis eintausend rassistisch | |
motivierte Angriffe in diesem Land verhindern können.“ | |
Das Zögern gegenüber den Rechtsextremen hat wohl auch damit zu tun, dass | |
die griechische Verfassung weder ein Parteienverbot noch eine | |
Verfassungsgerichtsbarkeit vorsieht. Selbst nach der Festnahme der gesamten | |
Führungsriege der „Goldenen Morgenröte“ sind die meisten | |
Verfassungsjuristen Griechenlands der Ansicht, dass ein Verbot der 1993 | |
gegründeten Partei praktisch unmöglich ist. | |
## Antirassismusgesetz von Konservativen abgelehnt | |
Als im vergangenen Juni der damalige Justizminister Antonis Roupakiotis von | |
der „Demokratischen Linken“ ein schärferes Antirassismusgesetz ins | |
Parlament einbrachte, das harte Strafen für Verbalrassisten und | |
Holocaustleugner vorsah, lehnten die Konservativen diesen Entwurf strikt | |
ab. | |
Die Demokratische Linke wechselte in die Opposition, das | |
Antirassismusgesetz geriet in Vergessenheit. Erst nach dem Tod von Pavlos | |
Fyssas versprach der konservative Minister für öffentliche Ordnung, Nikos | |
Dendias, ein hartes Durchgreifen – allerdings auf der Grundlage geltender | |
Gesetze über die „Bildung krimineller Vereinigungen“. | |
Der Kommentator Alexis Papachelas glaubt, dass der Minister gegen | |
Widerstände kämpfen musste, nicht zuletzt in deiner eigenen Partei: | |
„Dendias hat eine tapfere Entscheidung getroffen, aber auch ein Risiko auf | |
sich genommen, da nicht alle Regierungsmitglieder seiner Meinung waren“, | |
sagt Papachelas. Eindeutig äußerte sich da Regierungssprecher Simos | |
Kedikoglou: „Wir werden diese neofaschistische Neonazi-Missgeburt | |
auseinandernehmen“, sagte er. | |
29 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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