Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Europa in Afrika: „In der zweiten Reihe unterwegs“
> Außenminister Steinmeier tut, als erfände er gerade Europas
> Sicherheitspolitik neu. In den Thinktanks aber erkennt niemand einen
> Aufbruch.
Bild: Deutsch-französisch durch und durch: Steinmeier und Amtskollege Fabius i…
BERLIN taz | Die deutsch-französische Freundschaft wird in diesen Tagen
beschworen, als müssten die Rheinufer im Januar zum Blühen gebracht werden.
Sowohl Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als auch
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) haben bei Besuchen in Paris
umschrieben, wie ein Afrikaeinsatz der europäischen Außenpolitik Profil
verleihen soll. Steinmeier und seine Getreuen waren dabei gegenüber dr
mitreisenden Presse wohl mitteilsamer als von der Leyen samt Gefolge.
Entsprechend verstärkt wurde der öffentliche Eindruck, Steinmeier treibe
von der Leyen vor sich her.
Die EU-Außenminister hatten am Montag verabredet, dass Frankreich versucht,
die Katastrophe in der Zentralafrikanischen Republik militärisch
einzudämmen. Um die Franzosen zu entlasten, verstärkt Deutschland seinen
Ausbildungseinsatz in Mali, wo Frankreich 2013 einen islamistischen
Umsturzversuch zurückgeschlagen hat.
In Paris betonte Steinmeier nun, Frankreichs Engagement liege im Interesse
Europas: „Deshalb finde ich es wichtig, dass Frankreich nicht
alleingelassen wird.“ Laut unbestätigten Berichten wird das Mandat zur
Ausbildungsmission der Bundeswehr in Mali von 180 auf 250 Soldaten
aufgestockt. Diese sollen sich auch selbst schützen können – das Mandat
würde robuster. Derzeit sind knapp 100 Bundeswehrsoldaten unbewaffnet vor
Ort.
## „Wir teilen nicht Frankreichs Risiko“
In den Thinktanks in Berlin werden die neuen deutschen Ambitionen, Europas
außenpolitischen Ruf aufzumöbeln, allerdings eher mit Spott bedacht. „Kann
schon sein, dass Europa sich regt, aber dann ist Deutschland dabei nur in
der zweiten Reihe unterwegs“, sagt Christian Mölling von der Stiftung
Wissenschaft und Politik (SWP). Die SWP berät Regierung und Bundestag. Die
geringe Aufstockung der Ausbildungstruppe sei „bestenfalls ein kleiner
Schritt zurück aus der selbst verordneten Isolation“, sagt Mölling und
spielt damit auf Deutschlands Enthaltung in der Libyen-Frage 2011 an.
Frankreich, sagt Mölling, habe in Mali die Bedingungen dafür geschaffen,
dass Deutschland komme. „Wir teilen noch nicht das gleiche Risiko bei den
Einsätzen.“
Auch Sebastian Feyock von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik
sagt: „Im Vergleich zu den Ankündigungen vor dem EU-Verteidigungsgipfel im
Dezember ist da noch Luft nach oben.“ Damals „hätte man noch annehmen
können“, Deutschland werde sich in der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik der EU stärker engagieren.
## Mehr Europa ist schon lange geplant
In der Tat hat Berlin sich lange vor Steinmeiers und von der Leyens
Amtsantritt mit Paris auf „mehr Europa“ in der Sicherheitspolitik
verständigt. So wurde zur Vorbereitung des EU-Gipfels im Dezember 2013 ein
deutsch-französisches Papier verfasst, das etwa die Ausrüstung der EU
Battlegroups, der seit 2005 vorgehaltenen Eingreiftruppen, für „die
wahrscheinlichsten Missionen“ verlangt.
Der Einsatz dieser Battlegroups in Zentralafrika, erklärt Hilmar Linnenkamp
von der SWP, wäre tatsächlich ein europäischer Aufbruch gewesen. „Eine
leicht verstärkte Kooperation in Afrika ist kein Paradigmenwechsel in der
Art der europäischen Zusammenarbeit.“
Linnenkamp, früherer Vizechef der Europäischen Verteidigungsagentur, ist
nicht beeindruckt von der deutschen Initiative. „Es handelt sich mit
Sicherheit nicht um die Geburt der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik der EU“, sagt er. Deutschland habe „nur ganz genau so
viel gegeben, wie es unbedingt musste, um als Partner noch ernst genommen
zu werden“. Wie Deutschland von den Atommächten Großbritannien und
Frankreich konkret ernst genommen werden soll, lässt er offen. „Wir können
mit gutem Grund sagen, dass wir anders sind“, ergänzt Linnenkamp.
23 Jan 2014
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
## TAGS
Frank-Walter Steinmeier
Europa
Sicherheitspolitik
Schwerpunkt Frankreich
Afrika
Bundesverfassungsgericht
Zentralafrikanische Republik
Bundespräsident
Mali
Afrika
Bertelsmann-Stiftung
Zentralafrikanische Republik
Afrika
Bundeswehr
Bangui
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verfassungsgericht prüft Libyen-Einsatz: Mit der Transall retten gehen
Hätte der Bundestag einer Aktion zustimmen müssen, bei der Soldaten 2011
Europäer aus Libyen geholt haben? Diese Frage beschäftigt die Richter in
Karlsruhe.
Zentralafrikanische Republik: Staat außer Kontrolle
Die neue Übergangsregierung hat die Zentralafrikanische Republik nicht
stabilisiert. Niemand hat die Milizen im Griff, selbst die eigenen Anführer
nicht.
Kommentar Joachim Gauck: Der Schlafwandler aus Berlin
Gaucks Rede auf der Münchern Sicherheitskonferenz war ein Ärgernis. Ihr
mangelte es an Präzision. Stattdessen bot sie nur Selbstgefälligkeit.
Debatte Mali: Deutsche im „Musterland“
In Mali gibt es jetzt jede Menge Soldaten, aber keine Sicherheit. Die
Deutschen profitieren dort allein davon, keine Franzosen zu sein.
Militärisches Engagement in Afrika: Deutsche in Mali erwünscht
In Berlin werben Malis Friedensminister Diarrah und der SPD-Politiker
Rainer Arnold für ein militärisches Engagement Deutschlands in Westafrika.
Politischer Aktivismus weltweit: Der Silberstreifen Zivilgesellschaft
Die globalen Bürgerproteste werden nach Einschätzung der
Bertelsmann-Stiftung noch lange andauern. Armut, Autokratie und religiöse
Dogmen trügen dazu bei.
Zentralafrikanische Republik: EU-Soldaten – aber nur ein bisschen
Die Außenminister der EU geben grünes Licht für eine europäische Truppe in
Bangui. Ein genaues Konzept für den Militäreinsatz kommt später.
Kommentar Bundeswehr in Afrika: „Muster Mali“ – habt ihr sie noch alle?
Die neue deutsche Außenpolitik riecht nach Innenpolitik. Es gibt keinen
Sachgrund, warum die Bundeswehr in Mali in großem Umfang auftreten sollte.
Bundeswehreinsätze in Afrika: Schützenhilfe für Hollande
Deutschland will sich in Afrika militärisch mehr engagieren. Derzeit wird
bei der Bundeswehr über drei Einsatzorte nachgedacht.
Zentralafrikanische Republik: Europa wagt sich vor
Vor dem Beschluss über einen EU-Militäreinsatz im Bürgerkriegsland am
Montag mehren sich die europäischen Truppenzusagen. Aber nicht aus
Deutschland.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.