# taz.de -- Sanktionsdrohungen gegen Russland: Mit Fracking gegen Putin | |
> Politiker in den USA wollen Gas aus Amerika exportieren und damit gegen | |
> die russischen Exporte konkurrieren. Gazprom könnte so zu den Verlierern | |
> zählen. | |
Bild: Gasproduzenten in den USA wittern in der Krimkrise eine Chance, neue Mär… | |
WASHINGTON taz | Gasproduzenten in den USA und ihre Freunde im US-Kongress | |
wittern in der Krimkrise eine Chance, neue Märkte zu erobern. Sie planen | |
die Gas-Export-Infrastruktur auszubauen, um damit in die Fußstapfen von | |
Russland als Gasexporteur zu treten. Ihr Argument lautet: Gas aus den USA | |
könnte die Ukraine sowie die EU unabhängiger vom Druck des russischen | |
Präsidenten Wladimir Putin machen und das Quasimonopol des russischen | |
Wirtschaftsriesen Gazprom brechen. | |
Die Wortführer für den Gasexport kommen aus dem Kongress. Der | |
republikanische Senator John Barrasso aus Wyoming argumentiert: „Wenn der | |
Präsident die Hilfe für das Volk der Ukraine ernst meint, wird er umgehend | |
für den Flüssiggasexport sorgen.“ | |
Im Repräsentantenhaus verlangt der republikanische Chef John Boehner, | |
wenige Tage nachdem russische Soldaten die Krim besetzten, dass der | |
US-Präsident „unverzüglich“ das Genehmigungsverfahren für Flüssiggasexp… | |
beschleunige: „Viele unserer Alliierten verlangen nach dieser Ressource, | |
und wir haben reichlich davon.“ Sein Parteikollege Ted Poe legte vergangene | |
Woche im Repräsentantenhaus einen Gesetzentwurf vor, der Gasexporte in die | |
Ukraine und andere ehemalige Sowjetrepubliken sowie in die EU im | |
Schnellverfahren ermöglicht. | |
Gemeinsam ist diesen Politikern, dass sie aus US-Bundesstaaten kommen, | |
deren Gasproduktion in den vergangenen Jahren dank der Fracking-Technik | |
rasant gestiegen ist. Bei der „hydraulic fracturing“-Methode wird Gestein | |
in mehreren Kilometern Tiefe so lange mit großen Mengen von Wasser und | |
Chemikalien beschossen, bis es bricht und das Gas entweicht. | |
## Die USA sind schon jetzt weltweit der größte Gasproduzent | |
Noch 2007 erwog der damalige US-Präsident Georg W. Bush, Gas aus Russland | |
zu importieren, um den nationalen Bedarf zu decken. Wenig später | |
verbilligten technologische Neuerungen des Fracking die Gasförderung und | |
machten Gasimporte obsolet. Seitdem haben die USA ihre heimische | |
Gasproduktion um 25 Prozent gesteigert. 2013 sind sie weltweit zum größten | |
Gasproduzenten aufgestiegen und haben Russland auf Platz 2 verdrängt. | |
Zugleich reduzierten die USA zunehmend ihre Importe. Durch den Boom sind | |
die USA zum billigsten Gasland weltweit geworden. Im Herbst 2013 lag der | |
Preis für eine Million BTU (British thermal unit) Gas in den Vereinigten | |
Staaten bei 3,22 US-Dollar. In Asien betrug er zwischen 16,40 Dollar und | |
16,80 Dollar. In Europa liegt er bei rund 14 Dollar. | |
Der Weg in die lukrativen Märkte Asiens und Europas ist der US-Gasbranche | |
vorerst verwehrt. Denn die USA haben zwar Importhäfen für Flüssiggas, | |
jedoch keine einzige funktionierende Verladestation für den Export. Andere | |
Länder hingegen verfügen längst über die entsprechenden Terminals, an denen | |
das Gas bis zur Verflüssigung abgekühlt, so auf weniger als ein 500stel | |
seines Volumens geschrumpft und auf Spezialtankschiffe verladen wird. | |
Die Schiffe bringen das Flüssiggas nach Asien, wo unter anderem in China, | |
Japan, Südkorea und Indien LNG-Importhäfen stehen, an denen es wieder zu | |
Gas zurückverwandelt und in Pipelines eingespeist wird. In Europa sind | |
solche Terminals in Norwegen, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und | |
Spanien entstanden. | |
## Halliburton frackt schon fleißig | |
Im Washingtoner Energieministerium sind in den letzten Jahren 21 Anträge | |
für den Bau von Export-Terminals eingegangen. Bislang wurden davon 6 | |
bewilligt. Doch lediglich eines der über eine Milliarden Dollar teuren | |
Projekte befindet sich im Bau. | |
Hinter den Kulissen arbeitet das politische Washington längst an der | |
Eroberung neuer Gasmärkte. Im Jahr 2011 schuf die damalige Außenministerin | |
Hillary Clinton das Bureau of Energy Resources in ihrem Ministerium. Es | |
soll den heimischen Energieboom für die US-Außenpolitik nutzbar machen. | |
Zum Chef des neuen Büros machte Clinton mit Carlos Pascual einen ehemaligen | |
US-Botschafter im ukrainischen Kiew. Der prognostizierte vergangene Woche | |
bereits: „In den kommenden Jahren wird der Einfluss von Gazprom weiter | |
sinken.“ Die Firma Halliburton hat mit dem Gasfracking in Polen begonnen. | |
Shell und Exxon Mobil unterzeichneten entsprechende Verträge in der | |
Ukraine. | |
Sollte Wladimir Putin als Reaktion auf die westlichen Sanktionen der | |
Ukraine oder gar westeuropäischen Staaten in nächster Zeit den Gashahn | |
abdrehen, kann dort freilich niemand auf Ersatz aus den USA hoffen. Das im | |
Bau befindliche erste Export-Terminal der USA in Sabine/Louisiana wird | |
frühestens 2015 seinen Betrieb aufnehmen. | |
9 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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