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# taz.de -- Kommentar Berliner Flüchtlingscamp: Ein vergifteter Deal
> Die Flüchtlinge räumen das Camp – freiwillig. Dafür gibt's eine
> Einzelfallprüfung. Jetzt besteht die Gefahr, dass die Flüchtlinge zum
> Schluss blank dastehen.
Bild: Nicht alle wollen das Camp auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg aufge…
Es klingt nach einem Sieg der Diplomatie. Wochenlang hatte der Berliner
Senat mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz verhandelt. Der nun errungene
Deal: Die Bewohner erhalten eine Einzelfallprüfung auf Bleiberechtsanträge.
Dafür räumen sie den seit anderthalb Jahren besetzten Platz – freiwillig.
Erst mal ein Erfolg. Denn es hätte auch anders aussehen können. Anfang des
Jahres hatte der CDU-Innensenator bereits eine Räumungsfrist verkündet.
Berlin wäre damit dem Weg der Härte gefolgt, mit dem auch andere
Bundesländer auf die seit Jahren größten Flüchtlingsproteste reagierten.
In München ließ die Stadt hungerstreikende Asylsuchende räumen. In Hamburg
schickte die SPD ein Polizeigroßaufgebot, um die Identität protestierender
Flüchtlinge festzustellen.
In Berlin stoppte Bürgermeister Wowereit die geplante Räumung, ließ neu
verhandeln. Ein Schritt der Vernunft – denn die Alternative war für ihn
kaum attraktiver: Alles andere hätte wohl tagelange Krawalle bedeutet, die
autonome Szene lief sich schon warm.
## Nicht der erste Deal
Die jetzige Einigung am Oranienplatz ist aber mehr als fragil. Schon einmal
gab es einen Deal, im November: Damals bekamen die Flüchtlinge ein
Winterquartier gestellt – gegen eine Platzräumung. Einige Bewohner aber
blieben. Und auch jetzt wollen nicht alle Flüchtlinge den Platz verlassen.
Es wird also wohl wieder nur eine Teillösung.
Die Skepsis der Verharrenden ist nachvollziehbar. Denn das Angebot des
Senats ist vage. Was die Prüfung die Bleibeanträge am Ende ergibt, bleibt
mehr als offen. Der jetzige Deal könnte sich für die Flüchtlinge deshalb
als vergiftet erweisen.
Gehen sie darauf ein, könnten sie am Ende dennoch blank dastehen. Lehnen
sie ihn ab, könnte der Senat doch noch die Polizei schicken: Man habe ja
guten Willen gezeigt, aber nun sei es gut.
Zur Erinnerung: Es ist der Protest gegen Sammellager, gegen Arbeitsverbote
und die Residenzpflicht, weshalb die Flüchtlinge seit anderthalb Jahren auf
dem Oranienplatz ausharren.
Die Bewohner waren von Anfang an zur Räumung bereit – wenn man ihnen
politisch entgegengekommen wäre. Das aber ist bis heute kaum passiert. Und
daran ändert auch der ausgehandelte Deal nichts. Sollten die Flüchtlinge
nun den Platz räumen – freiwillig oder nicht –, es wäre ein bitteres Ende
des Protests. Eines mit leeren Händen.
18 Mar 2014
## AUTOREN
Konrad Litschko
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Berlin
Flüchtlingslager
Oranienplatz
Asylpolitik
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