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# taz.de -- Streit über Rüstungsexporte: Explosiver Koalitionszoff
> Die Union attackiert weiter SPD-Wirtschaftsminister Gabriel, weil er
> Rüstungsexporte bremsen will. Der wird dennoch von der Opposition
> gescholten.
Bild: Exportschlager: der bei Krauss-Maffei gebaute Panzer Leopard 2.
BERLIN taz | In der Großen Koalition setzt sich der Streit über
Rüstungsexporte fort. Im von Sigmar Gabriel (SPD) geführten
Wirtschaftsministerium sollen 250 Anfragen von Rüstungsfirmen vorliegen,
die nicht oder abschlägig entschieden sind. Der SPD-Chef kritisierte die
extensive Rüstungspolitik der schwarz-gelben Vorgängerregierung und
kündigte eine restriktivere Genehmigungspraxis an.
Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur weltweit – 2013 wurden für
5,8 Milliarden Euro Waffen verkauft. Besonders brisant: Zwei Drittel gingen
in Nicht-Nato-Staaten wie Algerien, Saudi-Arabien oder Katar. Gabriel hatte
angekündigt, insbesondere Waffenlieferungen, die über Zwischenstationen am
Ende in Spannungsgebieten landen, einschränken zu wollen.
Die mutmaßlich schleppende Bearbeitungspraxis und die von Rüstungsfirmen
beklagte strengere Genehmigungspraxis sorgt für Ärger bei CSU-Chef Horst
Seehofer und dem Wirtschaftsflügel der CDU. Seehofer sagte, dass es nicht
gehe, wenn „ohne Konzeption und ohne klaren Kompass ein faktischer
Exportstopp herbeigeführt wird“. Der CSU-Chef warnte, dass „deutsche
Rüstungsunternehmen ins Ausland abwandern“. Zuvor hatten Betriebsräte von
Rüstungsfirmen Gabriels Genehmigungspraxis kritisiert und vor dem Verlust
von Arbeitsplätzen gewarnt.
Scharfe Kritik an Seehofer kommt nun von Jan van Aken, dem Rüstungsexperten
der Linksfraktion. „Bayern ist eins der Zentren der deutschen
Waffenindustrie. Um die zu unterstützen, ist es Seehofer offenbar egal, an
welche Menschenrechtsverletzer deutsche Waffen geliefert werden.“ In Bayern
sind etwa Airbus, Diehl und Krauss-Maffei-Wegmann beheimatet.
## Außenpolitik statt Wirtschaftsförderung
Gabriel wies das Argument, dass der Industriestandort Deutschland in Gefahr
sei, zurück. Der SPD-Chef plädierte dafür, Rüstungspolitik nicht als
Instrument der Wirtschaft, sondern der Außenpolitik zu begreifen. Rein
wirtschaftlich gesehen, müsse das Ministerium sonst auch die Lieferung
„eines Gefechtsstands nach Russland“ durchwinken – obwohl das Land derzeit
Spannungsgebiet sei, in das Waffen zu exportieren gesetzlich verboten ist.
Das Wirtschaftsministerium hatte den Export eines 100 Millionen Euro teuren
Gefechtsübungszentrums von Rheinmetall gestoppt.
Die SPD beruft sich darauf, dass im Koalitionsvertrag „eine restriktive
Rüstungsexportpolitik“ vereinbart sei, so SPD-Mann Hubertus Heil. Doch das
stimmt nur indirekt. Im Koalitionsvertrag ist nur fixiert, das Parlament
etwas häufiger über die Exporte zu informieren.
Der Linke van Aken ist gleichwohl skeptisch, ob Schwarz-Rot zu einem
grundsätzlichen Umsteuern in der Rüstungsexportpraxis bereit ist: „Gabriel
hat noch nichts wirklich verändert: Weder hat er ein
Kleinwaffenexportverbot auf den Weg gebracht, noch ein Verbot des Verkaufs
ganzer Waffenfabriken.“
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hält sich bislang aus der Debatte heraus.
Auch Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) erklärte nur knapp, dass man die
Frage der Rüstungsexporte „im Konsens entscheiden werde“.
28 Jul 2014
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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