# taz.de -- Von der Bau-Politik zum Bau-Management: Ein fliegender Wechsel | |
> Wer von der Politik in die Wirtschaft wechselt, soll eine Pause machen, | |
> fordern Kritiker. Regelungen gibt es aber keine. Praktisch für Politiker | |
> wie Mark Classen. | |
Bild: Zeise-Parkplatz in Ottensen: Ex-Abgeordneter Classen berät nun die Immob… | |
HAMBURG taz |Gestern Politik, heute Wirtschaft? Bei Mark Classen ging es | |
sogar noch schneller. Als stellvertretender Fraktionsvorsitzender und | |
baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in Altona verabschiedete er sich | |
am 10. Juni als Abgeordneter im Bauausschuss. Für den gleichen Tag datiert | |
das Handelsregister seinen Wechsel: Classen ist nun Geschäftsführer von | |
„Pare Consulting“, einer Kommunikationsberatung für Investoren im | |
Immobiliengeschäft. | |
Momentan berät Classen die Immobilienfirma Quantum beim umstrittenen | |
Bauvorhaben auf dem [1][Zeise-Parkplatz] in Ottensen. Auf dem Grundstück | |
wollen Prokom und Quantum zusammen bis Ende 2016 ein sechsstöckiges Gebäude | |
errichten. Eigentlich sollte jede zweite Wohnung hier eine Sozialwohnung | |
sein. Doch dann entschieden sich die Projektentwickler Prokom und Quantum | |
um. Nun soll sich hier eine große Werbefirma in einem Bürohaus ansiedeln. | |
Gegner des Bauvorhaben starteten die | |
[2][//www.openpetition.de/petition/online/wohnungen-statt-werber-keine-buer | |
obebauung-fuer-zeise-ii-an-der-friendensallee:Online-Petition „Wohnungen | |
statt Werber“]. | |
Classen beschreibt seine Tätigkeit als „strategisches Management“ zwischen | |
Verwaltung, Politik, Investoren und der Gesellschaft. „Bei der Planung auf | |
dem Zeise-Parkplatz hat meine Beratung darin bestanden, die Kontakte zu | |
Politikern herzustellen“, sagt er. Etwa zur grünen Fraktionschefin Gesche | |
Boehlich und dem Fraktionsvorsitzenden der Linken Robert Jarowoy. Bekommen | |
hätte er für das Projekt in Ottensen lediglich 600 Euro. „Im Übrigen habe | |
ich seinerzeit für den Wohnungsbau gestimmt“, sagt Classen, „was die Sache | |
ja noch unverfänglicher macht“. | |
Jarowoy ist vom raschen Wechsel des ehemaligen Abgeordneten dagegen | |
ziemlich irritiert. „Das zeugt davon, das Politiker Erfüllungsgehilfen der | |
Investoren sind – und anschließend auch noch mit einem Posten dafür belohnt | |
werden“, sagt der Fraktionschef der Linken – und fühlt sich an Markus | |
Schreiber erinnert. Bereits kurz nach seinem Rücktritt als | |
Bezirksamtsleiter im Februar 2012 war dieser im April als Prokurist in | |
einem Immobilienunternehmen angestellt worden. | |
Eine Karenzregelung, die so etwas verhindern würde, gibt es nicht. Um das | |
Vertrauen in Politik und staatliche Institutionen nicht zu belasten, | |
fordert die Antikorruptionsorganisation Transparency International | |
Sperrfristen für Politiker und Beamte nach dem Ausscheiden aus dem Amt, | |
wenn ein Zusammenhang zwischen der bisher ausgeübten Tätigkeit und der nach | |
dem Ausscheiden aus dem Dienst anvisierten Tätigkeit besteht und dadurch | |
dienstliche Interessen beeinträchtigt werden könnten. | |
„Unsere Forderungen beziehen sich aber auf hauptamtliche Politiker“, sagt | |
Geschäftsführer von Transparency Deutschland, Christian Humborg. Es sei | |
aber wichtig, solche Fälle zu thematisieren. | |
Durchaus übertragbar findet das hingegen Lobbycontrol: „Mit der | |
Bezirksebene haben wir uns zwar nicht so viel beschäftigt“, sagt Christina | |
Deckwirth. Für die Bundesebene fordert die Organisation eine Karenzzeit von | |
drei Jahren, in denen keine Lobbytätigkeiten ausgeübt werden sollen. Es sei | |
durchaus sinnvoll darüber zu diskutieren, ob sich diese Forderung auch auf | |
die kommunale Ebene übertragen lasse. Auch hier sei es ebenso | |
problematisch, wenn Insiderwissen mitgenommen werde. | |
12 Aug 2014 | |
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## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
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