# taz.de -- Schlechtes Urteil für Bürgerbegehren: Richter bremsen Zeise-Gegner | |
> Das Verwaltungsgericht stellt Eilverfahren gegen die Bebauung des | |
> Zeise-Parkplatzes in Ottensen ein. Das könnte Bürgerbegehren künftig | |
> erschweren. | |
Bild: Obwohl das Bürgerbegehren noch lief, wurde in Ottensen schon mal gebaut. | |
HAMBURG taz | Noch traut sich niemand so richtig raus aus der Deckung: „Wir | |
kommentieren den Beschluss nicht, bevor er rechtskräftig wird“, erklärt der | |
Sprecher des Bezirksamtes Altona, Martin Roehl, schmallippig. Bei dem | |
„Beschluss“ geht es um die Einstellung eines Eilverfahrens gegen eine | |
Baugenehmigung für einen Bürokomplex auf dem früheren Zeise-Parkplatz in | |
Ottensen, der sich an den Kino-Komplex anschmiegt. | |
Hier entsteht derzeit auf 13.000 Quadratmetern Grundfläche ein neues | |
Arbeitsquartier für 850 Mitarbeiter des weltgrößten Werbekonzerns WPP, zu | |
dem auch die Erfolgs-Agentur Scholz + Friends gehört. 41 früher geplante | |
Wohnungen auf dem Gelände hatten die Investoren kurzerhand gestrichen. | |
Die Initiative Pro Wohnen Ottensen hatte im Herbst vergangenen Jahres den | |
Baustopp beantragt, damit nicht während eines von ihr initiierten | |
Bürgerbegehrens Fakten geschaffen würden. Um genau das zu verhindern, sieht | |
der Gesetzgeber bis zum Abschluss eines Bürgerbegehrens eine Sperrfrist | |
vor, in der alle Aktivitäten zu ruhen haben. | |
Doch während des laufenden Bürgerbegehrens hatte das Bezirksamt am 8. Mai | |
2015 den Investoren Procom und Quantum die Baugenehmigung für deren | |
Bürokonzept erteilt, welches das Bürgerbegehren – an dieser Stelle nur | |
Wohnungen entstehen zu lassen – komplett aushebelt. Das aber sieht das | |
Verwaltungsgericht komplett anders. | |
Der von der Initiative angestrebten Änderung des Bebauungsplans Ottensen 49 | |
stehe es nicht entgegen, „wenn zuvor Baugenehmigungen erteilt werden, die | |
mit dem angestrebten Inhalt des geänderten Bebauungsplans nicht | |
übereinstimmen“, heißt es in dem Beschluss, der nicht anfechtbar ist. | |
Im Klartext: Auch ein Gelände, auf dem schon Büroklötze stehen, könne man | |
immer noch als Wohngebiet ausweisen. Das sei dann zwar faktisch nicht mehr | |
umsetzbar, doch dass die Initiative nicht nur eine formale Ausweisung, | |
sondern auch die praktische Entstehung eines Wohngebiets wolle, habe sie im | |
Bürgerentscheids-Text nicht ausdrücklich erwähnt, befanden die Richter. | |
„Mit diesem Beschluss ist die Rechtssicherheit für alle Hamburger | |
Bürgerbegehren dahin, sie stehen jetzt quasi ohne Rechte dar“, bewertet | |
Initiativensprecher Matthias Müller-Hennig den „sehr formal | |
argumentierenden“ Gerichtsentscheid. Eine Veränderungssperre, die | |
verhindere, dass jedes Bürgerbegehren durch das Schaffen gegenläufiger | |
Fakten ausgehebelt wird, sei damit faktisch abgeschafft. | |
Im Bezirksamt hingegen redet man hinter vorgehaltener Hand „vom | |
bestmöglichen Urteil“, durch das die eigene Position gestärkt werde. Beide | |
Parteien hatten zuvor die Einstellung des Verfahrens beantragt, da die | |
Senatskommission für Wohnungsbau das erfolgreich abgeschlossene | |
Bürgerbegehren im November 2015 kassiert hatte. Die Gerichtsbegründung aber | |
bedeutet eine schallende Ohrfeige für die Initiative und die | |
Volksdemokratie auf Bezirksebene. | |
23 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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