| # taz.de -- Protest gegen die Asylrechtsreform: Verschenkte Menschenrechte | |
| > Flüchtlinge und Unterstützer versammelten sich vor dem Bundesrat. Sie | |
| > demonstrierten gegen die Erleichterung von Abschiebungen und gegen die | |
| > Grünen. | |
| Bild: Flüchtling in der Landesaufnahmebehörde für Asylsuchende in Braunschwe… | |
| BERLIN taz | „Es geht um Menschenrechte, und die sind nicht verhandelbar. | |
| Wenn die Grünen das meinen, sind sie für uns kein Verhandlungspartner | |
| mehr!“ Mit diesen Worten wandte sich die Rechtsanwältin Berenice Böhlo an | |
| die Protestierenden vor dem Bundesrat in Berlin. Etwa 150 Menschen, | |
| darunter viele Flüchtlinge, hatten sich hier versammelt, um gegen die | |
| geplante Verschärfung des Asylrechts zu demonstrieren. Böhlo hatte während | |
| der Besetzung der Gerhart-Hauptmann Schule zwischen dem grün regierten | |
| Bezirk und den Flüchtlingen [1][vermittelt]. | |
| Die [2][Reform] sieht unter anderem vor, dass Serbien, Mazedonien und | |
| Bosnien-Herzegowina zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt werden. Damit | |
| ist es für Flüchtlinge aus diesen Ländern quasi unmöglich, in Deutschland | |
| Asyl zu erhalten. In den Staaten des westlichen Balkans sind jedoch vor | |
| allem Roma und Homosexuelle immer wieder Verfolgung und Ausgrenzung | |
| ausgesetzt. „Wir reden hier nicht nur über Armut, wir reden über | |
| strukturelle Diskriminierung“, sagte Böhlo. | |
| Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, hatte | |
| dem Gesetzentwurf am Freitagvormittag zugestimmt und so den Beschluss | |
| ermöglicht. Er rechtfertigte diesen Schritt mit der Durchsetzung | |
| „substanzieller Verbesserungen“ im Flüchtlingsrecht, denn die Reform sieht | |
| auch vor, den Arbeitszugang zu erleichtern, und hebt die umstrittene | |
| Residenzpflicht für Flüchtlinge teilweise auf. Auch wolle man das | |
| Sachleistungsprinzip abschaffen, also die Ausgabe von Kleidung und | |
| Lebensmitteln statt finanzieller Mittel an Flüchtlinge. | |
| ## Geduldete nicht berücksichtigt | |
| „Kretschmann ist schäbig. Die Grünen verlieren hier ihr Gesicht“, erklär… | |
| Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin, einer der Anmelder der | |
| Protestkundgebung. „Was er verschweigt, ist die Tatsache, dass das | |
| Sachleistungsprinzip eigentlich in fast keinem Bundesland mehr angewandt | |
| wird. Die einzigen, die es noch nicht abgeschafft haben, sind Bayern und | |
| Kretschmanns Baden-Württemberg.“ | |
| Auch bedeute die Aufhebung des Arbeitsverbots oder der Residenzpflicht für | |
| Flüchtlinge keineswegs eine Verbesserung der Lage für Geduldete. „Daran | |
| will man offenbar festhalten“, sagte Classen. „Kretschmann hat die | |
| Menschenrechte nicht verhandelt, er hat sie verschenkt.“ | |
| Fanny-Michaela Reisin, Präsidentin der Internationalen Liga für | |
| Menschenrechte, erklärte den Protestierenden, Deutschland habe gerade | |
| gegenüber den Roma eine besondere Verpflichtung. „Es ist beschämend, dass | |
| nun genau diese drei Länder zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden.“ | |
| Was in der Bundesrepublik geschehe, sei eine Demontage internationalen | |
| Rechts und Stimmungsmache und Hetze gegen die geflüchteten Roma. „Und das | |
| sind nicht die CDU oder die AfD, das sind die Grünen, die uns das hier | |
| verkaufen wollen.“ Die Entscheidung der Grünen in Baden-Württemberg | |
| bezeichnete Reisin als unmoralisch. Sie forderte alle Grünen auf, entweder | |
| auszutreten „oder in der Partei aufzuräumen.“ | |
| 19 Sep 2014 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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