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# taz.de -- UN-Klimagipfel in New York: Marathon der Fensterreden
> Kein Durchbruch, aber gute Stimmung: Beim UN-Sondergipfel fordern die
> Staatschefs ihre Kollegen zum Handeln auf und loben sich selbst.
Bild: US-Präsident Barack Obama auf dem UN-Klimagipfel in New York
BERLIN taz | Eigenlob ist Trumpf an diesem Dienstag in New York. „Kein Land
hat in den letzten Jahren seine Kohlenstoffverschmutzung so sehr reduziert
wie die Vereinigten Staaten“, sagte US-Präsident Barack Obama am Ende der
Vormittagssitzung beim Klimagipfel in New York. Und: „Die USA werden ihr
Ziel erreichen, 17 Prozent weniger Treibhausgase als 2005 auszustoßen“.
Beide Ziele sind gut erreichbar, weil sie wenig ambitioniert sind. Aber das
tut der Begeisterung im Saal keinen Abbruch.
Obama redet frei und schwungvoll, und er sagt alle die Dinge, die das
Plenum hören will: Ja, die USA erkennen an, dass sie das Problem mit
verursacht haben und ja, sie sind als größte Wirtschaftsmacht zur Hilfe
bereit.
„Wir werden unseren Teil beitragen, aber das geht nur gemeinsam“, erklärt
Obama, der auch nicht verschweigt, dass jedes Land interne Widerstände
überwinden muss. „Aber wir müssen führen.“
Die indirekte Antwort gibt ihm eine Viertelstunde später der chinesische
Vizepremier Zhang Gaoli: China habe schon viel getan und sehe sich auch
verpflichtet, weiter zu gehen. Aber immerhin habe man ein Viertel der
weltweiten Kapazitäten von erneuerbaren Energien aufgebaut und Energie
gespart. Auf die entscheidende Frage lässt sich Zhang nicht festlegen: Die
chinesischen Klimaschutzziele für das Pariser Abkommen 2015 werde man „so
schnell wie möglich“ vorlegen. Und den Gipfel der Treibhausgasemissionen
werde man erreichen „sobald wir es können.“
Keine Daten, keine Verpflichtungen, kaum neues Geld. Der Klimagipfel von
Ban-Ki Moon ist zumindest bis zur ersten Hälfte das geblieben, was erwartet
wurde: Ein Marathon der Fensterreden, bei dem geredet statt gehandelt
wurde, aber trotzdem der häufigste Satz hieß: „Auf diesem Gipfel geht es
darum, zu handeln“.
## Der Untergang droht
So sagte es auch Baron Waqa, der Präsident des Inselstaats Nauru – vom
Protokoll ganz symbolisch zwischen Obama und Zhang eingeklemmt und
Vorsitzender der Inselstaatengruppe AOSIS, die dem Untergang entgegengehen.
Mit großer rhetorischer Entschlossenheit hatte der Gipfel auch begonnen.
Die Rollen dabei waren sorgfältig verteilt. UN-Generalsekretär Ban-Ki Moon
hatte den Tag eröffnet, in dem er an die versammelten 120 Staatschefs
appellierte, endlich „die Führung zu übernehmen“. Die Welt habe noch
„niemals bisher eine solche Herausforderung und eine solche Gelegenheit
gehabt“, denn für „minimale Extrakosten“ könne der Umstieg auf eine
kohlenstoffarme Wirtschaft „monumentale Vorteile“ für alle Länder bringen.
## Die Mittel sind da
Nach dem eindringlichen Appell von Moon kam die dringende Warnung von
Rajendra Pachauri, dem Chef des UN-Klimarats IPCC. Er machte klar, der
Klimawandel sei menschengemacht, es müsse schnell gehandelt werden – „aber
wir haben die Mittel dazu, den Klimawandel zu bekämpfen“, so der
Wissenschaftler. Der Umstieg auf erneuerbare Energie, Investitionen in
Energieeffizienz und Waldschutz hätten zwar ihren Preis, aber „warten Sie,
bis Sie die Rechnung für Nichtstun sehen“, warnte der IPCC-Vorsitzende.
Al Gore, der ehemalige US-Vizepräsident, machte den Klimaschutz dann den
Investoren schmackhaft. „Schon heute ist Strom aus Solarenergie in 79
Ländern billiger als aus fossilen Quellen“, rief er in den Saal. Der Markt
für grüne Anleihen habe sich in den letzten Jahren verzehnfacht und auf
Investoren in saubere Energie warteten große Gewinnchancen, wenn sich
endlich der politische Wille zum Klimaschutz durchsetzt.
Filmstar Leonardo di Caprio schließlich hatte die konkretesten Forderungen:
Ein Preis für Kohlendioxid, die Streichung der Subventionen für Öl und
Kohle und ein Ende für die Selbstbedienung der Wirtschaft. Der Schauspieler
erklärte, seine Arbeit bestehe darin, anderen Leuten etwas vorzumachen.
„Aber Ihr Job ist das nicht!“, erinnerte er die versammelten Politiker und
Diplomaten. „Sie müssen mit Mut und Aufrichtigkeit diese Frage lösen, bei
der es nicht um Politik, sondern ums Überleben geht.“
## Zornig und leidenschaftlich
Daran erinnerte auch ein Kurzfilm, der Kinder auf der ganzen Welt zeigte.
Deren Fragen lauteten, „Warum tut ihr nichts?“ und „Warum nicht jetzt?“.
Bis als emotionaler Schlusspunkt als Vertreterin der Zivilgesellschaft
Kathy Jetnil-Kijiner von den Marshall-Inseln die Bühne betrat und in einem
zornig und leidenschaftlich vorgetragenen Gedicht an ihre kleine Tochter
schwor, sich den herzlosen Bürokraten, korrupten Politikern und eiskalten
Geschäftsleuten entgegenzustellen, die ihre Heimat dem Untergang weihten.
Die so gescholtenen Politiker dankten es der jungen Frau mit stehenden
Ovationen, als ihr dann ihr Baby auf die Bühne getragen wurde.
In den routiniert abgespulten Reden der Staatschefs, die am Vormittag
folgten, herrschte dann weniger Drama und zumeist blutleere Rhetorik –
allerdings auch die eine oder andere Neuigkeit. Die Präsidentin von Korea
kündigte an, ihr Land werde 100 Millionen Dollar in den Grünen Klimafonds
einzahlen, Deutschland plant fast eine Milliarde Dollar an Hilfe.
Wieviel Neues auf den Tisch kam, wird sich erst später zeigen – denn die
Reden liefen auf drei Podien parallel ab. Afrikanische Staaten erinnerten
an ihre Verwundbarkeit, der venezolanische Präsident Nicolás Maduro
ereiferte sich, „der Kapitalismus zerstört den Planeten und es gibt kein
Licht am Ende des Tunnels“, grünes Wachstum sei Unsinn.
## Vorbild Großbritannien
Da wiederum war der britische Premier David Cameron ganz anderer Meinung:
Wachstum und Klimaschutz schlössen sich nicht aus, und Großbritannien sei
mit seinem Kurs für Erneuerbare, Atomkraft, Fracking und der Förderung von
CO2-Speicherung ein Beispiel für alle anderen Staaten.
Konkret war es zumindest vorher beim Waldschutz geworden. In einer
„Wald-Erklärung“ hatten sich 24 Staaten vorgenommen, die Zerstörung vor
allem der Regenwälder bis 2030 zu beenden. Bisher werden jährlich etwa 13
Millionen Hektar Wald vernichtet, das macht 20 Prozent der globalen
CO2-Emissionen aus.
Nun wollen diese Länder – auch Industriestaaten wie Deutschland und
Norwegen gehören dazu, aber auch Waldländer wie Kolumbien und Togo –,
insgesamt 350 Millionen Hektar Wald weltweit wieder aufforsten – eine
Fläche größer als Indien.
23 Sep 2014
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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