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# taz.de -- Kommentar Klimagipfel: Und er bewegt sich doch
> Die Staatschefs haben nichts erreicht. Trotzdem war der Gipfel ein
> Erfolg: Klimapolitik steht wieder oben auf der Agenda. Die Wirtschaft ist
> gespalten.
Bild: Schornsteinpanorama nahe Delhi: Der Gipfel hat auch die Industrie zu mehr…
Es gibt einen Satz, der den zum Klimagipfel angereisten Staatschefs bei
Strafe verboten werden sollte. Er lautet: „Die Zeit zum Handeln ist jetzt!“
Das stimmt seit 20 Jahren und deshalb überhaupt nicht mehr. Seit dieser
Zeit haben sie und ihre Vorgänger das Problem beschrieben und sind dann
nach Hause gefahren, um vor der Lobby der Industrie und den eigenen Wählern
zu kuschen. Ein paar Monate später stehen sie dann wieder vor einem
Auditorium und sagen: „Die Zeit zum Handeln ist jetzt!“
Der Sondergipfel von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in New York war da
keine Ausnahme. Erfahrene Beobachter können die Redetexte von Obama,
Cameron und Co bis ins Detail mitschnarchen. Trotzdem sind die
internationalen Verhandlungen sinnvoll, denn auch wenn es bei globalen
Problemen nicht weitergeht, muss weiter geredet werden. Trotzdem kann man
dabei wahnsinnig werden. Und trotzdem war der Gipfel ein Erfolg.
Denn er hat das Thema nicht nur wieder auf die oberste politische Agenda
gesetzt – eine Entwicklung, der sich nur die Klimaschurkenstaaten
Australien, China, Kanada, Russland und Deutschland entzogen haben – er war
auch der Anlass für die bislang größte Klimademo überhaupt. Die
Hunderttausenden von Menschen, die überall auf der Welt auf die Straßen
gingen, sind eines der wenigen Hoffnungszeichen in der Klimapolitik.
Nicht, weil 600.000 Menschen die Welt verändern, wenn sie kein Auto mehr
fahren – sondern weil sie laut und deutlich Druck für eine bessere Politik
machen. Man sollte nicht unterschätzen, welchen Einfluss Demonstranten auf
die Stimmung in einer demokratischen Gesellschaft haben – und wie sehr
Aktivisten in Ländern wie China oder Indonesien ermutigt werden, wenn sie
sich global vernetzt fühlen.
Gleichzeitig hat der Gipfel auch die Industrie herausgefordert, sich wieder
mit dem Zombie-Thema Klimawandel zu beschäftigen. Natürlich sitzen die Spin
Doctors der Ölkonzerne, der Autobauer und Agrarindustrie in den New Yorker
Hinterzimmern dabei, wenn die Politiker reden. Aber die Kluft zwischen den
Industrien, die vom Klimaschutz profitieren und denen, die solange wie
möglich den Planeten toasten wollen, wird immer deutlicher.
Wenn nicht nur die Umweltschützer dazu aufrufen, ihr Kapital aus Kohle und
Öl abzuziehen, sondern die Entscheider über Billionen von Dollars ins
Grübeln kommen, dann ist etwas gewonnen. Und wenn ein Teil der Industrie
offen fordert, es müsse einen verlässlichen Kohlenstoffpreis und
Investitionssicherheit geben, dann nähern wir uns einer Lösung.
Und die könnte so aussehen: Die weltweite Klimabewegung reanimiert sich
selbst; unter ihrem Druck sehen Politiker, dass sie es sich bloß mit einem
Teil der Wirtschaft verscherzen, wenn sie Klimaschutz ernst nehmen. Dann
könnten sie das tun, was Angela Merkel so hasst: Ein Risiko eingehen und
eine Entscheidung fällen.
24 Sep 2014
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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