# taz.de -- Handelsabkommen mit Kanada: Ceta und Mordio | |
> Bei dem Abkommen zwischen der EU und Kanada sind immer noch die Klauseln | |
> zum Investitionsschutz strittig. Grüne Politiker sind skeptisch. | |
Bild: Im Ceta-Dauereinsatz: der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter | |
BERLIN/EDMONTON taz | Über mangelnde Bewegung konnte sich | |
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter am Donnerstagvormittag nicht beklagen: | |
Erst trat er in den Räumen seiner Fraktion (hinter dem Reichstagsgebäude) | |
vor die Kameras. Dann eilte er zu einer Protestaktion (vor dem Reichstag), | |
um sich mit Demonstranten fotografieren zu lassen. Und schon ging es weiter | |
zur Plenardebatte (im Reichstag), wo er wenig später auf der Rednerliste | |
stand. Anlass der drei Termine: das grüne Unbehagen über das | |
EU-Freihandelsabkommen mit Kanada namens Ceta. | |
„Die Schiedsverfahren, die das Abkommen vorsieht, stehen völlig zu Recht in | |
der Kritik“, sagte Hofreiter im Bundestag. „Hinterzimmergerichte | |
entscheiden, ob demokratisch verfasste Gesetze dem Gewinninteresse der | |
Unternehmen entgegenstehen.“ Daher solle Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel | |
(SPD) die umstrittenen Klauseln ablehnen. | |
Er sei gegen die Schiedsverfahren, sagte Gabriel. Allerdings betonte er | |
auch, „es wäre falsch, die Verhandlungen über Ceta grundsätzlich infrage zu | |
stellen oder abzubrechen“. Die umstrittenen Punkte müssten nachverhandelt | |
werden – eine Forderung, die EU-Handelskommissar Karel de Gucht noch vor | |
Kurzem abgelehnt hatte. | |
Wirtschaftsminister Gabriel machte klar, dass er sich bei den Verhandlungen | |
mit Kanada und den USA nur noch auf die künftige EU-Kommission | |
konzentriere. Dem noch amtierenden EU-Handelskommissar Karel de Gucht | |
sprach er die Kompetenz ab, noch für die EU zu sprechen. Die | |
Bundesregierung richte sich nach der Position des neuen | |
EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der ebenfalls gegen solche | |
Investitionsschutzklauseln sei. „Wir wollen lieber mit dem reden, der jetzt | |
etwas zu sagen hat, und nicht mit dem, der in der Tat nichts mehr zu sagen | |
hat“, sagte Gabriel. | |
## Ausgehöhlte Umweltstandards | |
Nicht nur Gabriel und Hofreiter wollen Nachbesserungen. Unmittelbar vor dem | |
offiziellen Abschluss der Verhandlungen zwischen der EU und Kanada haben | |
die europäischen und kanadischen Grünen in einem gemeinsamen Aufruf Ceta | |
noch einmal in Gänze kritisiert. Der Vertrag höhle Umweltstandards, | |
Arbeitnehmer-rechte, öffentliche Dienstleistungen und Verbraucherstandards | |
aus und gefährde das „demokratische Fundament auf dem unsere Staaten | |
basieren“, heißt es in einem Brief an den noch amtierenden | |
Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und den kanadischen | |
Premierminister Stephen Harper. | |
Barroso und Harper kommen am heutigen Freitag in Ottawa zusammen, um nach | |
fünf Jahren Verhandlungen das offizielle Ende der Verhandlungen zu | |
verkünden – und damit den Ratifizierungsprozess einzuläuten. Mithilfe von | |
Ceta sollen 98 Prozent aller Zölle wegfallen, Unternehmen leichteren Zugang | |
zu öffentlichen Aufträgen bekommen und die Freizügigkeit qualifizierter | |
Arbeitnehmer verbessert werden. | |
Die Investorenschutz-Klauseln sollen es Konzernen ermöglichen, einen Staat | |
an der nationalen Gerichtsbarkeit vorbei vor Sondertribunalen zu verklagen, | |
wenn sie durch eine politische Entscheidung ihre Investitionen oder Profite | |
geschmälert sehen. Im Europäischen Parlament und vielen Mitgliedsländern | |
der EU ist Ceta vor allem wegen des Investitionsschutzes umstritten – eine | |
Ratifikation ist deshalb alles andere als sicher. Die kanadische Regierung | |
rechnet mit einem Prozess von mindestens zwei Jahren, insbesondere wenn | |
alle 28 EU-Länder einzeln zustimmen. In Kanada auch die zehn Provinzen, in | |
Deutschland wahrscheinlich auch der Bundesrat. | |
26 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
Jörg Michel | |
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