# taz.de -- Steuerflucht in Europa: Ende im Schneckentempo | |
> Das Bankgeheimnis in der EU fällt nun erst 2017, in Österreich noch ein | |
> Jahr später. Wolfgang Schäuble und Sven Giegold sind begeistert. | |
Bild: Banken in Frankfurt am Main. | |
BRÜSSEL taz | Die EU zieht Konsequenzen aus dem Fall Uli Hoeneß und anderen | |
spektakulären Steuerdelikten. Ab 2017 wollen die meisten EU-Staaten | |
automatisch Informationen über – möglicherweise unversteuertes – Einkommen | |
austauschen. Steuerflucht würde damit deutlich erschwert. Allerdings will | |
Österreich erst 2018 mitmachen. | |
Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling wies den Vorwurf einer | |
Blockade bei einem Ratstreffen in Luxemburg zurück. Die Banken müssten erst | |
die technischen Voraussetzungen schaffen, sagte er. Auch Luxemburg, die | |
Heimat des neuen EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker, hatte bis zuletzt | |
noch Vorbehalte gegen den Start 2017 geäußert. Am Dienstag lenkte das | |
Großherzogtum ein. | |
Auch die Schweiz werde „sehr bald“ am automatischen Informationsaustausch | |
teilnehmen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. „Das ist ein | |
beachtlicher Erfolg.“ | |
Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, zeigte | |
sich begeistert. „Heute ist ein guter Tag für die Steuergerechtigkeit in | |
Europa“, sagte er. Mit dem automatischen Informationsaustausch von | |
Kapitaleinkommen und dem Ende des steuerlichen Bankgeheimnisses seien | |
„Kernforderungen von Attac und dem Tax Justice Network“ erfüllt worden, | |
erklärte Giegold, der vor seiner Grünen-Karriere in diesen beiden | |
Organisationen gegen Steuerflucht aktiv war. | |
## „Unglaubliche Heuchelei“ | |
Bis zur Umsetzung werden allerdings noch Jahre vergehen. Insgesamt wird es | |
fast zehn Jahre gedauert haben, bis den Worten endlich Taten folgen. Schon | |
2009, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, wollten die Europäer ihre | |
zahlreichen Steuerparadiese schließen. Deutschland und Frankreich setzten | |
sich damals sogar für eine Schwarze Liste nicht kooperativer Staaten ein. | |
Doch die Giftliste verschwand schnell wieder in der Schublade, Schäuble und | |
seine Ministerkollegen schoben das Problem auf die lange Bank. | |
Beim Thema Steuerflucht gebe es „eine unglaubliche Heuchelei auf der | |
EU-Ebene“, kritisierte der frühere italienische Premier Enrico Letta. Jeder | |
fordere den entschiedenen Kampf gegen Schlupflöcher. Doch wenn es um die | |
Umsetzung gehe, schreckten die Staaten zurück, da sie den „Verlust leicht | |
verdienten Geldes“ fürchten. | |
Damit soll nun Schluss sein. Allerdings bedurfte es dazu erst eines | |
Beschlusses der OECD, des Pariser Clubs der Industriestaaten. Diese hatten | |
sich im Juli auf neue Regeln für den automatischen Austausch von | |
Informationen über Finanzströme geeinigt. Den EU-Staaten entgehen jedes | |
Jahr durch Steuerbetrug und Steuerhinterziehung schätzungsweise eine | |
Billion Euro. | |
15 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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