# taz.de -- Paris fordert Brüssel heraus: Nicht noch mehr sparen! | |
> 20 Milliarden Euro weniger. Das ist die Schmerzgrenze für die | |
> französische Regierung. Sonst seien ihr die EU-Kriterien egal. Und nun? | |
Bild: Die Franzosen machen auch nicht alles mit, was die Regierung will. So sch… | |
PARIS/BRÜSSEL taz | Krach zwischen Brüssel und Paris: Die EU-Kommission ist | |
unzufrieden mit dem Budgetentwurf, den Frankreich am Mittwoch zur Prüfung | |
in Brüssel einreichte. Bis zuletzt hatte Noch-Währungskommissar Jyrki | |
Katainen gehofft, dass Finanzminister Michel Sapin den Entwurf noch | |
korrigieren und das Defizit begrenzen würde. Doch er wurde enttäuscht. | |
Bis hierher und nicht weiter, erklärte Sapin trotzig. Die Pariser Regierung | |
weiß, dass die Prüfer in Brüssel das Budget in der vorliegenden Form nicht | |
durchgehen lassen können. Denn einmal mehr respektiert Frankreich die | |
europäische Vorgabe beim Defizitabbau und die eigenen Versprechen aus dem | |
Vorjahr nicht. | |
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU stagniert derzeit fast, die | |
Steuereinnahmen liegen weit unter dem erwarteten Niveau. Da ist es kein | |
Wunder, dass in diesem Jahr das Haushaltsdefizit noch 4,4 Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen wird; für 2015 und 2016 wird mit 4,3 | |
und 3,8 Prozent nur wenig Besserung erwartet. Erst 2017 könnte der Wert | |
unter die geforderten 3 Prozent sinken. | |
Niemand soll Sapin aber sagen, Frankreich mache keine ernsthaften und sogar | |
schmerzlichen Anstrengungen, um die öffentlichen Finanzen ins Lot zu | |
bringen. Allein für 2015 sind Einsparungen in der für Frankreich nie da | |
gewesenen Höhe von mehr als 20 Milliarden geplant. | |
## Das Sozialmodell ist sakrosankt | |
Einen Teil davon müssen die Regionen und Kommunen tragen, die vom | |
Zentralstaat weniger Mittel erhalten. Heikel bis unerfüllbar ist im Etat | |
der Wunsch, das Defizit der öffentlichen Sozialversicherungen abzubauen. | |
Kein Politiker möchte in Frankreich das Sozialmodell infrage stellen. | |
Noch weniger kommt es infrage, die Steuern zu erhöhen, um auf der | |
Einnahmenseite das Defizit zu verringern. Die Schmerzgrenze bei den Abgaben | |
ist für die meisten Privathaushalte wie für die Unternehmen längst erreicht | |
und überschritten. Auf eine geplante Schwerverkehrsabgabe auf Straßen | |
außerhalb der gebührenpflichtigen Autobahnen hat die Regierung unter dem | |
Druck heftiger Proteste kürzlich verzichtet; diese Kapitulation beschert | |
der Staatskasse einen Einnahmenverlust von 1,3 Milliarden Euro pro Jahr, | |
dazu kommen Entschädigungen von 1,5 Milliarden Euro für den Vertragsbruch | |
mit der beauftragten Firma. | |
Weil ihr letztlich gar nichts anderes übrig bleibt, will es die Pariser | |
Regierung auf eine Kraftprobe mit Brüssel ankommen lassen. Zum Schwur | |
dürfte es dabei aber erst im Dezember kommen. Denn die EU-Kommission muss | |
den Entwurf zunächst prüfen. Dafür hat sie bis 30. November Zeit. Dann muss | |
sie entscheiden, ob sie Nachbesserungen fordert. Das muss binnen zwei | |
Wochen geschehen. | |
Frankreich ist danach frei, die Änderungswünsche zu berücksichtigen – oder | |
auch nicht. Erst wenn Paris sich weiter stur stellt, kann es zu einem | |
Defizitverfahren mit Strafandrohungen kommen. | |
15 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
Rudolf Balmer | |
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