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# taz.de -- Defizitstreit mit Spanien und Portugal: Die Spar-Fraktion verliert
> Die EU-Kommission will keine Strafen für die Defizit-Länder Spanien und
> Portugal. Es wird auf die schwierige wirtschaftliche Lage verwiesen.
Bild: Eine „Demonstration der Würde“ in Madrid im vergangenen Jahr – geg…
Madrid taz | Spanien und Portugal kommen noch einmal ungeschoren davon.
Nach einer dreistündigen Sitzung hat die EU-Kommission gestern in Brüssel
beschlossen, keine Strafe gegen die beiden südeuropäischen Krisenländer zu
verhängen. Dies gab am Mittwoch der für den Euro zuständige Vizepräsident
der Kommission, Valdis Dombrovskis, bekannt. Er verwies dabei auf die
weiter schwierige wirtschaftliche Lage in den beiden Ländern.
Sowohl Madrid als auch Lissabon hatten im vergangenen Jahr das Defizitziel
von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) deutlich verfehlt. Spanien
lag bei 5,1 Prozent, Portugal bei 4,4 Prozent. Die Strafverfahren, die
Mitte des Monats von den EU-Finanzministern eingeleitet worden waren,
hätten jeweils mit einem Bußgeld von 0,2 Prozent des BIP enden können.
Für Spanien hätte dies 2,1 Milliarden Euro bedeutet, für Portugal 358
Millionen Euro. „Selbst symbolische Sanktionen wären von der Öffentlichkeit
nicht verstanden worden“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici,
„sie sind nicht die beste Herangehensweise in Zeiten, in denen es
weitgehende Zweifel an Europa gibt.“
Das Verfahren war das erste seiner Art in Europa, obwohl in der
Vergangenheit Länder wie Frankreich oder Deutschland die Defizitgrenze
wiederholt brachen. Die Finanzminister der EU-Staaten werden nun
entscheiden, ob die Empfehlungen der EU-Kommission umgesetzt – oder ob doch
Strafen verhängt werden.
Unabhängig davon könnten beiden Ländern im kommenden Jahr die
EU-Strukturmittel eingefroren werden. Darüber will die Kommission aber erst
nach Beratungen mit dem EU-Parlament entscheiden. Diese Gelder könnten
wieder ausgezahlt werden, sobald Spanien und Portugal Haushaltspläne
vorlegen, in denen sie die Einhaltung der Kriterien aus dem Wachstums- und
Stabilitätspakt zusagen. Spanien bekommt zwei weitere Jahre eingeräumt, um
das Defizit auf unter drei Prozent zu drücken, Portugal ein Jahr.
Madrids Finanzminister Luis de Guindos hatte in Brüssel um Straffreiheit
gebeten und berief sich dabei auf die schwierige politische Lage Spaniens.
Seit den Wahlen im Dezember 2015, die im Juni wiederholt werden mussten,
hat das Land nur eine Interimsregierung, da sich das Parlament auf keine
Mehrheit einigen konnte. Der konservativen Regierung unter dem bisherigen
Ministerpräsidenten Mariano Rajoy seien deshalb die Hände gebunden. Neue
Sparmaßnahmen von über zehn Milliarden Euro könnten nicht erlassen werden.
Die Regierung Rajoy hatte in einem in spanischen Medien veröffentlichten
Brief an die Kommission neue Maßnahmen versprochen, sobald er im Amt
bestätigt werde.
Portugals sozialistische Regierung unter Antonio Costa hatte ebenfalls um
Nachsehen gebeten. Im ersten Halbjahr hält Lissabon nach eigenen Angaben
die Defizitvorgaben ein und dies, obwohl die Regierung einige Sparmaßnahmen
zurück genommen hat. Die Neuverschuldung im vergangenen Jahr ist der
ehemaligen konservativen Regierung zuzuschreiben, die der deutsche
Finanzminister Wolfgang Schäuble stets als „Musterschüler“ gepriesen hatt…
27 Jul 2016
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Europäische Union
Schwerpunkt Finanzkrise
Spanien
Portugal
Schwerpunkt Europawahl
Portugal
Spanien
Haushaltsdefizit
Portugal
Brüssel
Schwerpunkt Frankreich
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