# taz.de -- EU-Strafen für Defizitsünder: Ist bald Frankreich dran? | |
> Die EU verhängt „historische“ Strafen gegen Portugal und Spanien. | |
> Finanzminister Schäuble will die Entscheidung zum Präzedenzfall für | |
> Frankreich machen. | |
Bild: Brüssel wird die EU-Hilfen aus den Strukturfonds kürzen – das dürfte… | |
BRÜSSEL taz | US-Präsident Barack Obama hatte davor gewarnt, die OECD – der | |
Club der reichen Industrieländer – war dagegen. Dennoch haben die | |
EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel beschlossen, Milliardenstrafen | |
gegen Spanien und Portugal zu verhängen, [1][weil sie die strikten | |
Defizitregeln für den Euro verletzen]. | |
Es ist ein „historischer“ Beschluss, denn noch nie ist die EU so hart gegen | |
Mitglieder der Eurozone vorgegangen. Er kommt nur zwei Wochen nach dem | |
Brexit, der die Wirtschaft der Eurozone stärker erschüttert als erwartet. | |
Um 0,5 Prozent könnte das Wachstum einbrechen, sagte Währungskommissar | |
Pierre Moscovici. | |
Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stört das nicht. | |
Haushaltsdisziplin und Wachstum seien keine Widersprüche, „sie bedingen | |
sich gegenseitig“, dozierte der CDU-Politiker. Man wolle Portugal und | |
Spanien „nicht bestrafen“, sondern erreichen, dass sie „tun, was sie im | |
eigenen Interesse tun müssen“. | |
Die Sanktionen bezeichnete Schäuble als „incentives“, also als Anreize. | |
Über die Höhe ließ er sich nicht aus, das sei nun Sache der EU-Kommission, | |
die binnen 20 Tagen einen Vorschlag machen muss. Klar sei aber, dass die | |
Brüsseler Behörde die EU-Hilfen aus den europäischen Strukturfonds kürzen | |
müsse. | |
## Symbolische null Euro | |
Das würde Portugal und Spanien schwer treffen, da es sich um traditionell | |
strukturschwache Länder handelt. Allerdings könnte die Strafe Anfang 2017 | |
wieder rückgängig gemacht werden, wenn Madrid und Lissabon im laufenden | |
Jahr wieder auf EU-Kurs einschwenken und neue Sparauflagen schlucken | |
sollten. | |
Weniger hart dürfte die Geldstrafe ausfallen, die die Kommission nun | |
ebenfalls festlegen muss. Die Brüsseler Behörde will sie offenbar auf null | |
Euro festlegen, also auf ein rein symbolisches Maß. Aber auch das wäre ein | |
„wichtiges Signal“, so Schäuble. | |
Damit sende die EU auch eine Warnung an Frankreich. Denn nicht nur kleine, | |
sondern auch große Euroländer müssten sich an die Regeln halten, so | |
Schäuble. Er erwarte, dass Kommissionschef Jean-Claude Juncker seine | |
Haltung ändere, fügte er hinzu. Der habe ein „missverständliches“ Interv… | |
gegeben. „Weil es Frankreich ist“, habe er von Strafen im laufenden | |
Defizitverfahren abgesehen, hatte Juncker im Juni erklärt. | |
## Scharfe Kritik von der Linken | |
Schäuble hofft offenbar, dass die Entscheidung gegen Portugal und Spanien | |
nun zum Präzedenzfall für Frankreich wird – und es auch dort bald | |
Defizitstrafen setzt. Beifall erhält Schäuble von der CSU im | |
Europaparlament. „Sonderbehandlungen darf es nicht mehr geben“, fordert | |
CSU-Finanzexperte Markus Ferber. | |
Ähnlich äußerte sich der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Er rügte die | |
„einäugige Entscheidung“ gegen Spanien und Portugal. Gleichzeitig fordert | |
er aber, „doppelte Standards“ abzuschaffen und Frankreich auch abzustrafen. | |
Zudem müsse die Austeritätspolitik beendet werden. | |
Scharfe Kritik am Sanktionsbeschluss kommt dagegen von der Linken. „Strafen | |
für vermeintliche Defizitsünder sind so absurd wie Komapatienten Blut | |
abzuzapfen“, sagte der EU-Parlamentarier Fabio de Masi. Schäuble schiebe | |
den Euro „weiter über die Klippe“. Statt neue Kürzungen zu fordern, müsse | |
die Eurogruppe endlich Wachstum und Investitionen fördern. | |
12 Jul 2016 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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