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# taz.de -- Ebola-Tagebuch - Folge 28: Auf dem Weg zur Staatskrise
> Weitreichende Notstandsbefugnisse verlangt Liberias Präsidentin zum Kampf
> gegen Ebola. Damit scheitert sie im Parlament in Monrovia.
Bild: Volksnähe ist nicht angesagt: Liberias Präsidentin (rechts) auf dem Gem…
BERLIN taz | Liberias Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf stößt im Kampf
gegen Ebola auf heftigen Gegenwind im eigenen Land. Sie will zwecks
besserer Koordinierung möglichst viel Macht in den eigenen Händen
konzentrieren. Nachdem das Unterhaus (Repräsentantenhaus) des Parlaments am
vergangenen Freitag einen Antrag der Staatschefin zurückgewiesen hatte, ihr
auf Dauer Notstandsbefugnisse zu übertragen, weigerte sich das Oberhaus
(Senat) am Dienstag jedoch zum zweiten Mal, sich mit dem Antrag überhaupt
zu befassen. Nun herrscht politische Blockade.
Auf Liberia entfallen über die Hälfte der Todesopfer der laufenden
Ebola-Epidemie in Westafrika, die nach Angaben der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom Dienstag bisher 4.447 Tote gefordert
hat. Seit dem 6. August herrscht in Liberia wegen Ebola Ausnahmezustand.
Allerdings muss dieser nach 90 Tagen vom Parlament erneuert werden.
Die 90 Tage sind längst um, der Ausnahmezustand gilt aber weiter, findet
jedenfalls die Regierung. Sie hat ihn schon mehrfach angewandt: Die für
Dienstag angesetzte Neuwahl des Senats wurde ausgesetzt, Journalisten wurde
der Zutritt zu Ebola-Behandlungszentren verboten und dem streikenden
Gesundheitspersonal wurde diese Woche mit Entlassung gedroht; der Streik
ging daraufhin am Dienstagabend zu Ende.
Das Parlament möchte nun den Ausnahmezustand klarer definieren. Im August
erhielt die Staatschefin pauschal das Recht, der Bevölkerung die Ausübung
„gewisser Rechte“ zu verwehren. Inzwischen liegt eine genauere Liste vor:
sie umfasst die Suspendierung so gut wie aller Grundrechte, einschließlich
Meinungsfreiheit, Freizügigkeit, Eigentumsrecht und Schutz vor
Zwangsarbeit.
Das ist umstritten, und eine Gruppe von Juristen hat bereits vor dem
Obersten Gericht Klage dagegen eingereicht. Wann die Richter sich damit
befassen, ist unklar, weil die Mutter der Ehefrau des Fahrers des
Gerichtsvorsitzenden an Ebola gestorben ist. Die Ehefrau ist inzwischen
auch tot, der Fahrer steckt in Quarantäne und der Gerichtsvorsitzende
Francis Korkpor muss ständig dementieren, dass er selbst infiziert sei.
## Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps
Ähnliches gilt für Parlamentspräsident Alex Tyler, dessen Schwester am
Wochenende unter Ebola-Verdacht ins Krankenhaus kam. Der politische Streit
über den Umgang mit Ebola findet im Schatten der immer schnelleren
Ausbreitung der Seuche statt.
Das alles nährt Sorgen um die Stabilität des Landes. Politische und soziale
Spaltungen in Liberia vertieften sich, sagte der für Blauhelmeinsätze
zuständige UN-Untergeneralsekretär Hervé Ladsous am Dienstag in einer
Ebola-Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Das Gesundheitssystem stehe vor
dem Zusammenbruch, das Vertrauen in die Institutionen sinke.
Mittlerweile wurden sogar in Liberias Streitkräften erste
Ebola-Erkrankungen diagnostiziert – dabei kommt ihnen eine besonders
wichtige Rolle bei der Durchsetzung von Quarantäne- und Kontrollmaßnahmen
vor allem in ländlichen Gebieten zu. Und auch die UN-Mission in Liberia
(Unmil) beklagt mittlerweile zwei Ebola-Tote – darunter der am Dienstag in
Leipzig verstorbene Sudanese. Es gibt keine Institution mehr im Land, die
nicht selbst betroffen ist.
15 Oct 2014
## AUTOREN
Dominic Johnson
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