# taz.de -- Ebola-Tagebuch - Folge 26: Die Wut hinter den Schutzanzügen | |
> Aus Protest gegen unzureichende oder gar nicht gezahlte Löhne tritt | |
> Liberias Gesundheitspersonal in den Streik. Die Kranken sind sich selbst | |
> überlassen | |
Bild: Abtransport eines Ebola-Toten in Monvoria, Liberia | |
BERLIN taz | Es gibt derzeit wohl kaum einen gefährlicheren Arbeitsplatz | |
auf der Welt als ein Ebola-Behandlungszentrum in Liberia. 2.316 Menschen | |
waren laut Weltgesundheitsorganisation WHO bis zum 7. Oktober in Liberia an | |
Ebola gestorben, von insgesamt 4.033 infolge der aktuellen Epidemie. Unter | |
den Toten sind 95 Mitarbeiter des lokalen Gesundheitspersonals. Es gibt | |
viel mehr Kranke als Betten, viel mehr Pflegebedarf als Pflegepersonal; die | |
Arbeit mit Todkranken in Schutzanzügen aus Plastik bei 35 bis 40 Grad Hitze | |
ist kaum auszuhalten. | |
Seit Montag nun befindet sich Liberias Gesundheitspersonal im Ausstand. Die | |
Forderung: 1.500 US-Dollar Monatsgehalt für Ärzte in | |
Ebola-Behandlungseinrichtungen und 1.200 für Pflegepersonal – 500 Dollar | |
Grundgehalt plus 700 Risikozulage. Die Regierung hat den Ärzten 825 Dollar | |
plus 400 Risikozulage versprochen. Die Angestellten fordern darüber hinaus | |
die Wiedereinstellung entlassener Streikführer vom letzten Arbeitskampf im | |
Februar. | |
„Wir sind wütend“, zitierte die Zeitung Front Page Africa am Montag Justin | |
Diweli, einen Ebola-Krankenpfleger der Island Clinic in der Hauptstadt | |
Monrovia. „Einige von uns gingen gestern zur Bank und hatten nicht einmal | |
fünf Dollar auf dem Konto.“ | |
Auch andere bestätigten, ihre letzten Gehälter seien noch nicht gezahlt | |
worden. Barbara Jackson sagt: „Unsere Regierung sollte wissen, dass die | |
Leute sterben. Manchmal haben wir 25 bis 50 Tote auf der Station. Die im | |
Ministerium bringen keine Opfer. Sie sitzen in ihren klimatisierten Büros | |
und wollen uns nicht bezahlen.“ Sie warte seit sechs Wochen auf Geld. | |
## Grundgehälter auf 300 Dollar reduziert | |
Liberias Regierung macht dabei keine glückliche Figur. | |
Öffentlichkeitswirksam hatte die US-Entwicklungshilfebehörde Usaid ihr im | |
September fünf Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, damit sie über die | |
nächsten fünf Monate die Grundgehälter für 3.000 Mitarbeiter im | |
Gesundheitswesen zahlen kann. Darüber hinaus wollte das Finanzministerium | |
ab 9. Oktober Risikozulagen auszahlen. | |
Aber am Wochenende war weder die eine noch die andere Zahlung geflossen. | |
Dem Pflegepersonal zufolge reduzierte das Gesundheitsministerium nach der | |
US-Hilfszahlung die festen Grundgehälter von 500 auf 300 Dollar – der Rest | |
soll als Zulage fließen. | |
Ein Ebola-Streik in Liberia ist eine Katastrophe. Die Kranken, sich selbst | |
überlassen, werden vermutlich die verwaisten Behandlungszentren auf der | |
Suche nach Wasser und Nahrung verlassen müssen, sofern sie nicht sterben. | |
Dann landen alle Bemühungen zur Unterbrechung der Infektionsketten wieder | |
am Nullpunkt. | |
Die Streitereien zwischen Regierung und Gesundheitspersonal in Liberia | |
haben den Kampf gegen Ebola bereits beeinträchtigt, schätzt die WHO. Den | |
offiziellen Zahlen zufolge verlangsame sich die Ausbreitung der Seuche, | |
aber dies liege nicht an Erfolgen bei ihrer Bekämpfung, sondern an | |
Verzögerungen bei der Erfassung und Auswertung von Testergebnissen. „Die | |
Zahlen werden voraussichtlich nach oben revidiert werden müssen“, so die | |
Weltgesundheitsorganisation. | |
13 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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