# taz.de -- Ebola-Tagebuch - Folge 27: Über 100 Tote am Tag | |
> Angesichts der Ausbreitung von Ebola in Liberia, Sierra Leone und Guinea | |
> gerät die komplette Wirtschaft aus den Fugen. Und die Sterberate steigt. | |
Bild: Bald in der Todesstatistik? Oder gibt es einen Pflegeplatz? Ebola-erkrank… | |
BERLIN taz | Die Ebolaepidemie schreitet unaufhaltsam voran: 4.447 Tote in | |
Liberia, Sierra Leone und Guinea zählte die Weltgesundheitsorganisation WHO | |
am Dienstagnachmittag – über 400 mehr als in ihrer letzten Erhebung vom | |
vergangenen Freitag. Die UN-Ebola-Mission Unmeer meldete am Dienstag 4.151 | |
Ebolatote in den drei westafrikanischen Ländern; diese Zahlen beziehen sich | |
auf den 9. Oktober. | |
Klar ist: Es gibt mittlerweile über 100 Ebolatote am Tag. Und die | |
internationale Nothilfe? „Zu langsam, zu wenig, zu spät“, fasste Donald | |
Kaberuka, Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) auf einem | |
UN-Krisengipfel vergangene Woche zusammen. | |
Nach der laufenden Aufstellung der humanitären Koordinationsstelle der UNO | |
(Ocha) waren bis Dienstag rund 491 Millionen Dollar weltweit an Ebolahilfen | |
geflossen. Die Zahlungen reichen von 25.000 US-Dollar von der | |
Geldüberweisungsfirma Western Union – deren Angestellte vor Ort mit | |
Kundenkontakt erhebliche Angst haben – an das International Medical Corps | |
zur Ausbildung von Mitarbeitern bis zu 19.121.406 Dollar von der Weltbank | |
an die WHO zum Einkauf von Schutzanzügen und Laborgeräten für Liberia. | |
Längst ist nicht nur mangelnde Hilfe das Problem – es droht der soziale und | |
ökonomische Kollaps. Ebola wüte „wie ein Wirtschaftsembargo“, sagte Sierra | |
Leones Finanzminister Kaifala Marah auf der Herbsttagung von Weltbank und | |
Internationalem Währungsfonds (IWF) Ende letzter Woche. „Alle fliehen vor | |
Ebola“, warnte er: „All unsere Fortschritte seit dem Bürgerkrieg sind | |
verloren gegangen.“ Der Ökonom Samuel Jackson erklärte: „Die Unternehmen | |
verlangsamen ihre Aktivitäten oder schließen, die Großindustrie baut nichts | |
mehr, Infrastrukturarbeiten werden verschoben.“ | |
## 70 Prozent der Erkrankten sterben | |
Das UN-Entwicklungsprogramm UNDP beziffert die wirtschaftlichen Folgen für | |
die Haushalte seit Ausbruch von Ebola: In Guinea sank das Einkommen im | |
Schnitt bereits um 12,7 Prozent, in Sierra Leone um 29,7 Prozent und in | |
Liberia um 35 Prozent. In Sierra Leones Seuchengebieten liegen 40 Prozent | |
aller landwirtschaftlichen Betriebe brach, in Liberia sind es außerhalb der | |
Hauptstadt Monrovia sogar 60 Prozent. Ernten werden nicht eingeholt, Märkte | |
schließen. Preise steigen: beim Grundnahrungsmittel Maniok in Monrovia | |
bereits um 150 Prozent. | |
Besserung ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Starben vor einigen Monaten | |
noch rund 50 Prozent der Erkrankten, sind es jetzt 70 Prozent. Bis Dezember | |
rechnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit bis zu 10.000 | |
Neuinfektionen in den drei Ländern zusammengenommen – pro Woche. | |
WHO-Seuchendirektor Bruce Aylward verkündete am Dienstag in Genf das Ziel | |
„70:70:60“: innerhalb der nächsten 60 Tage 70 Prozent aller | |
Ebola-Neuerkrankungen angemessen behandeln und 70 Prozent aller Ebolatoten | |
angemessen beisetzen. | |
Noch im August rechnete die WHO mit 20.000 Ebolafällen in Westafrika bis | |
Februar 2015. Inzwischen liegen die gängigen Prognosen bis dahin zehnmal so | |
hoch: 200.000 bis 250.000. Nur der kleinere Teil dieser Kranken wird | |
überleben. | |
14 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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