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# taz.de -- Europa-Asien-Gipfel und Russland: Sanktionen sind Erpressung
> 50 Politiker aus Europa und Asien wollen in Mailand über die großen
> Konflikte beraten. Im Mittelpunkt: Wladimir Putin und sein Kiewer Kollege
> Petro Poroschenko.
Bild: Viele Gespräche auf dem Asem, auch Merkel und Putin reden miteinander.
MAILAND/BERLIN/MOSKAU dpa/afp | Der Westen setzt zur Lösung der
Ukraine-Krise erstmals seit Monaten auf ein breit angelegtes Spitzentreffen
mit Kremlchef Wladimir Putin und dessen Kiewer Kollegen Petro Poroschenko.
Am Rande des Europa-Asien-Gipfels (Asem) will sich die Runde am
Freitagmorgen in Mailand treffen. Außer dem Russen und dem Ukrainer sind
neben Kanzlerin Angela Merkel der britische Premierminister David Cameron,
der französische Präsident François Hollande und die Spitzen der EU in der
norditalienischen Stadt dabei.
Der Westen wirft Russland vor, die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim
illegal annektiert zu haben und die prorussischen Separatisten in der
Ostukraine zu unterstützen. Als Konsequenz wurden umfangreiche
Wirtschaftssanktionen gegen Moskau verhängt.
Vor Beginn des Gipfels haben am Donnerstag zwei Femen-Aktivistinnen vor dem
Mailänder Dom gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die
Kämpfe in der Ostukraine demonstriert. „Hört auf, das Blutvergießen in der
Ukraine zu ignorieren“, hatte eine der beiden Frauen auf ihren nackten
Oberkörper geschrieben. Symbolisch für das Blut schütteten sich die beiden
Ukrainerinnen aus Eimern Rotwein über Kopf und Oberkörper.
[1][Angela Merkel hat von Russland die vollständige Umsetzung] der
Waffenstillstandsvereinbarungen mit der Ukraine verlangt. In einer
Regierungserklärung sagte Merkel am Donnerstag: „Den entscheidenden Beitrag
zur Deeskalation muss Russland leisten.“ Trotz Waffenruhe wurden im Osten
der Ukraine in den vergangenen Wochen mehr als 300 Menschen getötet.
Mit Blick auf die russische Unterstützung für die Separatisten in der
Ukraine betonte die Kanzlerin: „Wir werden auch weiterhin keinerlei Zweifel
daran lassen, dass die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine
und der Bruch des Völkerrechts nicht folgenlos bleiben.“ Die verhängten
Sanktionen seien wichtig, aber auch kein Selbstzweck. „Wir suchen
unvermindert immer noch den Dialog mit Russland“, versicherte Merkel. „Das
eine – Sanktionen – schließt das andere – Dialog – nicht aus.“
## Putin wirft Obama „Erpressung“ vor
Russlands Staatschef Wladimir Putin hat vor seiner Reise zum Asem
US-Präsident Barack Obama mit harschen Worten kritisiert. Mit Blick auf die
Wirtschaftssanktionen gegen Russland könne die Einstellung der USA nur als
„feindselig“ bewertet werden, hieß es in einer am Mittwochabend vom Kreml
veröffentlichten Erklärung Putins.
„Wir hoffen, unsere Partner begreifen die Rücksichtslosigkeit der
Erpressungsversuche gegen Russland“, erklärte Putin. Jeder müsse verstehen,
dass ein Zerwürfnis zwischen zwei großen Atommächten Folgen für die
Stabilität habe.
Zu seiner Zusammenkunft mit Petro Poroschenko sagte er: „Es hat sich eine
echte Gelegenheit aufgetan, die militärischen Konfrontationen, im Grunde
einen Bürgerkrieg, zu stoppen“. Er rief Kiew zu einem „internen Dialog mit
der Beteiligung von Vertretern aller Regionen und aller politischen Kräfte“
auf. Am Samstag hatte Putin den [2][Abzug von mehr als 17.000 Soldaten
angeordnet], die seit Monaten für Manöver an der Grenze zur Ukraine waren.
Für den Konflikt in der Ukraine machte Putin die USA verantwortlich.
„Washington hat die Maidan-Proteste aktiv unterstützt und warf Russland
vor, eine Krise zu provozieren, als seine Schützlinge in Kiew mit ihrem
rabiaten Nationalismus bedeutende Teile der Ukraine gegen sich
aufbrachten“, erklärte Putin. Er warnte vor weiteren Sanktionen.
## „Russische Aggression“
Jeder Versuch, Russland zu erpressen, erschwere nur den Dialog. Bei der
UN-Generalversammlung im September in New York hatte Obama seinerseits eine
„russische Aggression“ als eine der größten Bedrohungen für den Weltfrie…
bezeichnet.
Am Rande des Asem-Treffens der rund 50 europäischen und asiatischen Staats-
und Regierungschefs ist eine ganze Reihe von Zweier-Treffen als Art
diplomatischer Offensive für die Ukraine geplant. So wollen an diesem
Donnerstag auch Merkel und Putin zu einem Vier-Augen-Gespräch
zusammenkommen. Der genaue Termin war öffentlich zunächst nicht bekannt.
Am späten Abend wollten sich Renzi und Poroschenko gemeinsam zu Beratungen
zurückziehen. Wann Putin und Poroschenko zu dem von beiden Seiten
angekündigten Treffen zusammenkommen, war am Mittwochabend noch unklar.
Die Spitzen der westlichen Welt stimmten ihre Haltung vor dem
Europa-Asien-Treffen in einer Videokonferenz ab. An ihr nahm neben Merkel,
Hollande, Cameron und dem italienischen Gipfel-Gastgeber Matteo Renzi auch
US-Präsident Barack Obama teil.
## Die Forderung: vollständiger Waffenstillstand
Die Zusammenkunft von Putin und Poroschenko sei eine Gelegenheit für einen
Fortschritt in Richtung politischer Lösung, zeigten sich Hollande, Obama,
Merkel, Cameron und Renzi einig. Sie forderten nach Angaben aus Paris
erneut einen vollständigen Waffenstillstand in den umkämpften Gebieten. Die
ukrainisch-russische Grenze müsse von der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kontrolliert werden. Alle Gefangenen
müssten freigelassen werden.
Neben den Beratungen zur Lösung des Ukraine-Konflikts geht es auch um den
Kampf gegen den islamistischen Extremismus und die Terrormiliz Islamischer
Staat. Zudem sollen Maßnahmen gegen die sich rasant ausbreitende tödliche
Seuche Ebola erörtert werden. Angesichts der schwächelnden europäischen
Wirtschaft und einbrechender Konjunkturprognosen wird auch über eine
stärkere Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen beraten
werden.
Am späten Mittwochabend trafen sich EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und
Kommissionschef José Manuel Barroso mit dem chinesischen Regierungschef Li
Keqiang in Mailand. Beide Seiten wollen rasch ein Investitionsabkommen
abschließen, das freie Marktzugänge sicherstellen soll. Vor dem Hintergrund
der andauernden Proteste für mehr Demokratie in der chinesischen
Sonderverwaltungsregion Hongkong kam auch das Thema Menschenrechte zur
Sprache.
16 Oct 2014
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