# taz.de -- Schutz vor riskanten Geldanlagen: Dorfläden bleiben verschont | |
> Gut für das Mietshäuser-Syndikat: Nun soll es im neuen | |
> Kleinanlegerschutzgesetz Ausnahmen für Genossenschaften und gemeinnützige | |
> Projekte geben. | |
Bild: Sollen es nicht so schwer haben: Dorfläden, hier in Simonshofen bei Lauf… | |
BERLIN taz | Die Kritik aus der alternativen Szene war laut: Das neue | |
Kleinanlegerschutzgesetz, mit dem Menschen vor riskanten Geldanlagen | |
geschützt werden sollen, hätte in der zunächst geplanten Form nicht nur | |
unseriösen Abzockern das Leben schwer gemacht. Auch Genossenschaften und | |
gemeinnützigen Projekten wäre das Einwerben von Geldern massiv erschwert | |
worden. | |
Das hatte etwa das Mietshäuser-Syndikat kritisiert, in dem bundesweit 90 | |
soziale Wohnprojekte zusammengeschlossen sind: Auch sie hätten künftig | |
teure Verkaufsprospekte erstellen und genehmigen lassen müssen, was viele | |
Projekte wie Dorfläden oder kleine Bürgerenergieanlagen finanziell und | |
organisatorisch überfordert hätte. | |
Doch der Protest blieb nicht ohne Wirkung. Der neue Entwurf für das Gesetz, | |
der an diesem Mittwoch vom Kabinett verabschiedet worden ist, sieht nach | |
Angaben aus Regierungskreisen im Vergleich zum früheren Referentenentwurf | |
eine Reihe zusätzlicher Ausnahmen vor. | |
Genossenschaften, die Kredite bei ihren eigenen Mitgliedern einwerben, | |
bleiben von den Vorgaben ausgenommen. Ebenso soziale und gemeinnützige | |
Projekte, die höchstens eine Million Euro einwerben und deren Rendite nicht | |
höher liegt als die von Hypothekenpfandbriefen mit vergleichbarer Laufzeit. | |
## Eine Million Euro Grenze für Crowdfunding | |
Bei Crowdfunding-Projekten, für die im Internet Geld eingeworben wird, gilt | |
wie bisher schon geplant eine Ausnahme, wenn sie nicht mehr als eine | |
Million Euro einwerben. Einzelne Anteilszeichner dürfen generell höchstens | |
1.000 Euro beisteuern, bei hohem Einkommen oder Vermögen kann diese Grenze | |
auf 10.000 Euro steigen. | |
Auf diese Weise sei eine „vernünftige Balance“ zwischen dem | |
Verbraucherschutz und der Förderung bürgerschaftlichen Engagements | |
geschaffen worden, hieß es aus der Regierung. | |
Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz reagiert die Bundesregierung auf die | |
Pleite des Energie-Projektierers Prokon. Dieser hatte mit hohen | |
Renditeversprechen 75.000 Anleger geworben, die nach der Insolvenz einen | |
großen Teil der insgesamt investierten 1,4 Milliarden Euro verlieren | |
werden. Deshalb sollen künftig auch Produkte des sogenannten Grauen | |
Kapitalmarkts, der zwar legal, aber bisher kaum reguliert ist, konkretere | |
Informationspflichten erfüllen müssen. | |
Dazu gehört es, für jedes Produkt einen aktuellen und genehmigten | |
Verkaufsprospekt zu erstellen. Zudem wird die Werbung für solche | |
Finanzprodukte beschränkt: Im öffentlichen Raum, etwa in Bussen, ist sie | |
künftig nicht mehr erlaubt. Per Post darf nur noch nach expliziter | |
Zustimmung geworben werden. Und im Rundfunk sollen Werbespots für | |
Graumarkt-Anlagen nur im Umfeld von wirtschaftlichen Informationen zulässig | |
sein. Ähnliche Vorgaben für Zeitungen wurden fallengelassen – hier muss | |
lediglich gewarnt werden, dass ein „vollständiger Verlust“ des Geldes | |
möglich sei. | |
Zudem soll die Finanzaufsicht Bafin künftig auch für den „kollektiven | |
Verbraucherschutz“ zuständig sein. Das heißt, sie kann bei wiederholten | |
Verstößen Vertriebsbeschränkungen- oder verbote aussprechen. Das Gesetz | |
soll im Frühjahr im Bundestag beraten werden und im Sommer in Kraft treten. | |
12 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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