# taz.de -- Gesetz zum Schutz von Anlegern: Schwarmfinanzierung in Gefahr | |
> Das neue Kleinanlegerschutzgesetz macht sozialen Initiativen das Leben | |
> schwer – aber auch vielen Gründern und dem beliebten Crowdfunding. | |
Bild: Zu schützender Kleinanleger: Die Ruderfähre über die Wümme zwischen B… | |
HAMBURG taz | Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Das trifft auch für die | |
Regulierung der Finanzmärkte zu. Auf die Prokon-Pleite im Frühjahr | |
antwortete die schwarz-rote Bundesregierung mit einem politischen | |
Schnellschuss: dem Kleinanlegerschutzgesetz. Der Entwurf ist „jetzt noch | |
sozusagen in der regierungsinternen Ressortabstimmung“, so ein Sprecher von | |
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) auf Anfrage der taz. | |
Die Bundesregierung hat die Kritik aber sehr wohl vernommen. | |
„Nichtkommerzielle Projekte“ sollten keineswegs abgewürgt werden, | |
versichert der Sprecher. In der Umsetzung sei das jedoch schwierig: Wenn | |
man beispielsweise „alternative Wohnprojekte“ rausnehmen wolle, „können … | |
das nicht einfach ins Gesetz als Ausnahme schreiben“. | |
Kritisch sind ebenso quasi kommerzielle Projekte, die eher einer | |
Liebhaberei entspringen. Prominentes Beispiel ist der Hamburger Journalist | |
Wulf Beleites, jahrelang gern gesehener Talkshowgast mit seiner bis dahin | |
überhaupt nicht existierenden Zeitschrift für den deutschen Hundefeind. | |
Dank „Crowdfunding“, einer onlinegestützten Schwarmfinanzierung, bei der | |
man kleine oder größere Geldbeträge „investiert“, um so ein | |
Liebhaberprojekt seiner oder ihrer Wahl zu unterstützen, konnte Kot und | |
Köter in diesem Jahr endlich starten. Für die Zeitschrift kamen auf diesem | |
Weg bislang rund 7.000 Euro zusammen. | |
Mittels Crowdfunding werden heute aber auch Ladengründungen finanziert, die | |
Erstellung eines Bildbandes oder Ideen wie ein Schinkenmuseum verwirklicht. | |
Die staatliche Förderbank KfW hat kürzlich für eine Studie ermittelt, dass | |
60.000 junge Unternehmen sich eine Crowdfunding-Finanzierung wünschen. | |
## Unverhältnismäßige Bürokratiekosten | |
Viele Träume könnten platzen, wenn das Kleinanlegerschutzgesetz den | |
Bundestag passieren sollte. Dies befürchtet ein Aktionsbündnis „Wir sind | |
nicht Prokon“. Auch kleineren Genossenschaften könnte der Schutz der | |
Kleinanleger den Garaus machen. Jungunternehmer, Bürgerinitiativen und | |
Minigenossenschaften, die Eigenkapital per Crowdfunding oder sogenannte | |
Nachrangdarlehen einwerben wollen, müssten zukünftig einen aufwändigen und | |
teuren Prospekt erstellen, wie es sonst für große Investmentgesellschaften | |
auf dem grauen Kapitalmarkt üblich ist. Allein die Kosten dafür belaufen | |
sich auf zwischen 20.000 und 60.000 Euro. Außerdem müsste ein | |
Jahresabschluss mit Lagebericht erstellt und von kostspieligen Prüfern | |
testiert werden. „Auf Klein- und Kleinstunternehmen kommen damit | |
Bürokratiekosten zu, die sich oft in Höhe des Jahresumsatzes bewegen“, | |
klagt Niklas Hartmann vom Aktionsbündnis. | |
Auch Grüne und Linkspartei sind skeptisch. Axel Troost, finanzpolitischer | |
Sprecher der Linksfraktion, möchte zwar den grauen Kapitalmarkt umfassender | |
regulieren. Er will aber auch „ökonomisch sinnvolle Ausnahmeregelungen für | |
’Bagatellfälle oder -summen‘“ schaffen. Auch Kerstin Andreae, | |
stellvertretende Fraktionssprecherin der Grünen, nimmt die Befürchtungen | |
der alternativen Wirtschaft „sehr ernst“. Noch im Herbst wollen sich die | |
Grünen hier positionieren. | |
Der Referentenentwurf von Ende Juli wird zurzeit noch zwischen den drei | |
Bundesministerien Justiz, Wirtschaft und Finanzen verhandelt. Kommt es zu | |
einer schnellen Einigung, könnte das Kabinett den Gesetzentwurf bereits | |
Mitte Oktober beschließen. | |
28 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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