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# taz.de -- Kleinanleger verlieren Millionen: Nächster Solartraum geplatzt
> Die Solarstrom AG ist pleite. Die Firma war ein Symbol des Geschäfts mit
> Sonnenenergie. Jetzt wird sie von Chinesen gekauft.
Bild: Irgendwo im Schwarzwald und auf dem Dach wird's bald Chinesisch
BERLIN taz | Deutschlands erste Solaraktie steht vor dem Aus: Den
Anteilseignern der Freiburger Solarstrom AG (SAG) droht vermutlich ein
Totalverlust ihres Kapitals. Die Aktie soll von der Börse getilgt werden.
Zwar ist das Unternehmen schon seit Dezember insolvent, doch kaum jemand
hatte erwartet, dass für die Aktionäre gar nichts mehr übrig bleiben würde.
Besser sieht es für die 170 Mitarbeiter aus, weil ein chinesischer Investor
den Geschäftsbetrieb übernehmen will. Und die Inhaber der SAG-Anleihen
sollen von ihrem Geld immerhin etwa die Hälfte zurückbekommen.
Die SAG war im Sommer 1998 gegründet worden. Sie brachte erstmalig in
Deutschland Solaraktien unters Volk, um mit dem Geld in großem Stil Module
der Freiburger Solarfabrik zu verbauen. Beide gehen seit langem getrennte
Wege, die Solarfabrik ist weiterhin eigenständig.
In den folgenden Jahren wurden zum Beispiel auf den Dächern einer
Freiburger Brauerei, des Wasserkraftwerks Grenzach-Wyhlen am Hochrhein und
der Freiburger Messe große Photovoltaikanlagen realisiert. Das Geschäft war
zwar kapitalintensiv, doch durch die ab April 2000 garantierten
Einspeisevergütungen für Solarstrom auch gut planbar. Der Kurs der Aktie
lag zeitweise bei bis zu 17 Euro.
## Von 17 Euro auf Null
Im Laufe der Jahre baute die SAG neue Geschäftsfelder auf: Ertragsgutachten
und Solarprognosen, Dienstleistungen, das klassische
Projektierungsgeschäft. Das bedeutete aber auch mehr Risiko: Der Wert der
Aktie büßte, mit zeitweiligen Gegenbewegungen, im Laufe der Jahre erheblich
ein. Schon vor der Nachricht der Insolvenz war sie weniger als 3 Euro wert,
anschließend noch 50 Cent.
Im Rahmen des Insolvenzverfahrens kauft nun die SF Suntech Deutschland GmbH
für 65 Millionen Euro den „operativen Geschäftsbetrieb inklusive aller
Assets“ der SAG auf. Suntech ist ein Tochterunternehmen der chinesischen
Shunfeng Photovoltaic International.
Das entscheidende Detail für die Aktionäre: Shunfeng übernimmt nicht die
SAG, sondern kauft der Firma das gesamtes Vermögen ab und übernimmt die
Verbindlichkeiten. So verbleibt die bisherige Aktiengesellschaft als leere
Hülle, ohne Kapital und ohne Geschäftsbetrieb. Dann soll sie aufgelöst
werden.
Da die Gesellschaft, so die SAG in einer Börsenmitteilung, „nach
derzeitigem Stand ein negatives handelsbilanzielles Eigenkapital ausweist“,
erhielten die Aktionäre „keine Rückflüsse auf ihr eingesetztes Kapital“.
Das Projektgeschäft, wie es die SAG betreibt, sei eben riskant, heißt es
bei der Murphy&Spitz Nachhaltige Vermögensverwaltung in Bonn: „Man kann
viel verdienen, aber auch viel falsch machen.“
##
Die Solarbranche ist von zahlreichen Pleiten und Fastpleiten erschüttert.
Bei der Insolvenz des Zellherstellers Q-Cells lief es für die Aktionäre
ähnlich wie bei der SAG, Solarworld konnte durch einen massiven
Kapitalschnitt eine Insolvenz abwenden.
Der Fall SAG ist ein besonderer, weil es sich bei den Aktionären zum großen
Teil um kleine Privatanleger handeln dürfte. Die rund 13,1 Millionen Aktien
sind in Streubesitz. Der einzige Anteilseigner, der mehr als 3 Prozent der
Papiere hält, ist die SAG selbst. Vorstandschef Karl Kuhlmann, der in der
Vergangenheit über eine Beteiligungsgesellschaft 9,4 Prozent der Aktien
hielt, hat sich zwischenzeitlich von den Papieren getrennt.
In den letzten Tagen dümpelte der Kurs der SAG-Aktie bei rund 11 Cent. Den
Absturz auf null verhinderten einige Investoren, die auf eine unerwartete
Wende spekulierten: Manchmal erwirbt eine andere Firma einen solchen leeren
Börsenmantel, um ihn mit neuem Leben zu füllen; das geht schneller und kann
billiger sein, als ein Unternehmen selbst an die Börse zu bringen.
Dem recht unbekannten Solartechnikkonzern Shunfeng passt der Erwerb des
SAG-Geschäfts gut ins Konzept: Nachdem Shunfeng in diesem Jahr bereits den
insolventen chinesischen Zell- und Modulhersteller Suntech übernommen hat,
bringt die SAG die Vertriebsstrukturen mit. Ironie der Geschichte: Ein
Unternehmen, das einst gegründet wurde, um die Module der heimischen
Solarfabrik in den Markt zu bringen, wird künftig chinesische Module
verbauen.
10 Sep 2014
## AUTOREN
Bernward Janzing
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China
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