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# taz.de -- Gesetzentwurf zum Kleinanlegerschutz: Prokon-Pleite gefährdet Dorf…
> Als Reaktion auf das Prokon-Aus hat die Regierung ein radikales
> Kleinanlegerschutzgesetz entworfen – mit fatalen Folgen für
> bürgerschaftliche Projekte.
Bild: Alle Räder stehen still...
FREIBURG taz | Der Name klingt gut: Kleinanlegerschutzgesetz. Angestoßen
wurde das neue Regelwerk nach der Pleite des Windkraftprojektierers Prokon.
Doch inzwischen liegt ein Entwurf des Gesetzes vor – und dieser ist, was
die Zukunft von Bürgerprojekten betrifft, verheerend. Denn das Gesetz würde
in der vorliegenden Fassung vielen Initiativen kurzerhand den Geldhahn
zudrehen, zum Beispiel Dorfläden, freien Schulen oder Energieanlagen.
Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition hieß es noch vollmundig: „Wir
wollen die Gründung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem
Engagement (z. B. Dorfläden, Kitas, altersgerechtes Wohnen,
Energievorhaben) erleichtern.“ Doch entsprechende Initiativen sammeln
typischerweise Geld von Bürgern ein – und das würde mit dem neuen Gesetz
massiv erschwert: Werbung soll nur noch in „Medien mit
Wirtschaftsschwerpunkt“ erlaubt sein. Flyer oder Postkarten würden
unzulässig. Denn die direkte Werbeansprache von Bürgern soll künftig nur
noch gestattet sein, wenn „der Empfänger seine ausdrückliche Zustimmung zur
Übersendung erklärt hat“.
Der wohl kritischste Punkt jedoch: Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz will
die Bundesregierung den Geltungsbereich des Vermögensanlagengesetzes
erweitern. So soll das Regelwerk künftig auch die gern von Bürgerprojekten
gewählten Nachrangdarlehen umfassen. Dann müssten örtliche Initiativen
selbst für kleine Darlehen einen Verkaufsprospekt erstellen. Und der
kostet: 20.000 bis 60.000 Euro für den Prospekt, zudem 6.500 Euro für die
Prüfung und die Aufbewahrung durch die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).
Ausnahmen soll es nur in engen Grenzen geben: Nur wer maximal 20 Anteile
anbietet oder binnen zwölf Monaten nicht mehr als 100.000 Euro einwirbt,
soll von dem Gesetz weiterhin verschont bleiben. Auch das Internet bekommt
– warum auch immer – einen Sonderstatus: Im Netz eingeworbene Gelder sind
unter bestimmten Bedingungen von den Auflagen befreit.
Traditionelle Projekte hingegen sind gefährdet, zumal manche Regelungen
auch für bereits finanzierte Projekte gelten sollen. „Bestehende soziale
Unternehmen werden mit wirtschaftlich nicht tragbaren Kosten belastet, neue
Initiativen abgewürgt“, klagt das in Freiburg ansässige Mietshäuser
Syndikat, in dem sich bundesweit fast 90 soziale Wohnprojekte
zusammengeschlossen haben.
## Rendite zweitrangig
Das Mietshäuser Syndikat fordert nun Ausnahmen für Vermögensanlagen mit
geringen Renditeversprechen. Denn gerade im sozialen Sektor entscheiden
sich Anleger oft vorrangig aus persönlichem und nicht aus wirtschaftlichem
Interesse für eine Investition. Wer zum Beispiel einem Dorfladen Geld
leiht, will damit weniger eine finanzielle Rendite erzielen als vielmehr
ein fußläufig erreichbares Ladengeschäft ermöglichen.
Das Finanzministerium erkennt das Problem grundsätzlich: Es sei eine
Gratwanderung, sagt eine Sprecherin. Einerseits wolle man Fälle wie Prokon
in Zukunft verhindern; dort werden 75.000 Anleger einen erheblichen Teil
der insgesamt investierten 1,4 Milliarden Euro verlieren. Andererseits sei
es nicht das Bestreben der Bundesregierung, örtliche Initiativen
auszubremsen. Zu einzelnen Kritikpunkten am Gesetzentwurf äußert sich das
Ministerium nicht und betont lediglich, dass „alle Details noch in der
Diskussion“ seien.
Ein inzwischen federführend vom Mietshäuser Syndikat gegründetes
Aktionsbündnis spekuliert nun, ob der Gesetzentwurf nur ein „undurchdachter
Schnellschuss einer gut gemeinten Gesetzesinitiative“ war oder doch eher
ein von Lobbyisten forciertes Instrument, um „kollektiven Betrieben und
überhaupt sämtlichen Formen eines alternativen Wirtschaftens die Basis zu
entziehen“. Die Antwort dürfte der weitere Verlauf der Gesetzgebung
liefern. Zahlreiche Verbände haben Stellungnahmen zu dem Entwurf verfasst,
die nun von den zuständigen Ministerien ausgewertet werden.
15 Sep 2014
## AUTOREN
Bernward Janzing
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