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# taz.de -- Neue Firma, alte Masche: Prokon-Exchef kann's nicht lassen
> Der Gründer des insolventen Windkraftprojektierers sammelt erneut Geld -
> und verspricht ethische Geschäfte. Verbraucherschützer warnen.
Bild: Will wieder ans Geld von Anlegern: der einstige Prokon-Chef Carsten Rodbe…
FREIBURG taz | Carsten Rodbertus will nicht aufhören. Der ehemalige Chef
des seit Januar insolventen Windkraftprojektierers Prokon ist erneut auf
Kapitalakquise, diesmal für ein Unternehmen namens PmK – Projekte mit
Konzept für eine lebenswerte Zukunft GmbH. Rodbertus tritt dabei als
„Berater“ in Erscheinung. „Ich werde weder Gesellschafter noch
Geschäftsführer dieser Gesellschaft noch angestellter Mitarbeiter sein“,
schreibt er auf seiner Internetseite. Und: „Auch fungiert dort niemand als
’Strohmann‘“.
Gleichwohl ist die Nähe von PmK zu Prokon offenkundig. „Die
Prokon-Philosophie lebt weiter“, schreibt die Firma auf ihrer Homepage.
Alle sechs Mitarbeiter kommen von Prokon. Wer die Telefonnummer des
Unternehmens wählt, hat Ex-Prokon-Vertriebschef Rüdiger Gronau an der
Strippe – offiziell fungiert er bei PmK ebenfalls als Berater.
Angesichts des Insolvenzverfahrens, das Prokon gerade durchläuft, dürfte
das viele Gläubiger zumindest befremden: 75.000 Investoren, die dem
Unternehmen insgesamt 1,4 Milliarden Euro durch den Erwerb von
Genussrechten liehen, erlitten erhebliche Verluste. Anlegerschützer halten
das einst vollmundig mit Renditen von 8 Prozent beworbene
Prokon-Geschäftsmodell für betrügerisch. PmK ist davon unbeirrt: „Die
grundsätzliche Philosophie von Prokon hat uns angesprochen.“
Die Firma mit Sitz in Magdeburg wurde am 2. September ins Handelsregister
Stendal eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist laut Register „die
Planung, die Errichtung, der Erwerb, der Betrieb und die Verwaltung von
nachhaltigen, gemeinnützigen, sozialen oder kulturellen Projekten“.
Schwerpunkte seien „die Bereiche erneuerbare Energien, Gesundheitswesen und
Altenpflege, sozialer Wohnungsbau, Ernährungswirtschaft, Bildung und
Wissenschaft, Kultur und Tourismus“. PmK ist eine Tochter der MIU
Mitteldeutsche Industrie Union GmbH, die ihrerseits dem
Immobilienunternehmen Bestpractice Real Estate GmbH gehört. Fragen nach den
Hintergründen dieser Konstruktion beantwortet PmK nicht.
## Bis zu 250 Millionen Euro sollen gesammelt werden
Auch was die grundsätzliche Ablehnung von Banken als Geschäftspartner
betrifft, ist bei PmK die Handschrift von Rodbertus unverkennbar. Die Firma
erklärt, sie wolle es „insbesondere inhabergeführten mittelständischen
Unternehmen“ ermöglichen, „unabhängig von den Mechanismen des
Kapitalmarktes zu agieren“. Die Betriebe sollten „sich entfalten und dabei
nicht den existenzbedrohenden Einflüssen der Großindustrie oder einzelner
marktbeherrschender Unternehmen ausgesetzt sein“. Gewinnmaximierung sehe
man „nicht im Vordergrund“. PmK lobt Prokon gar als „Vorreiter auf dem
Gebiet der bankenunabhängigen Finanzierung und der fairen
Gewinnbeteiligung“, das Unternehmen habe eine „hohe soziale, moralische und
ethische Verantwortung“ gezeigt.
Das Geschäftsmodell der neuen Firma soll darin bestehen, Geld von Bürgern
in Form von so genannten Nachrangdarlehen einzuwerben. Das sind Kredite,
die bei finanziellen Engpässen grundsätzlich zuletzt bedient werden.
Zunächst kündigte PmK 3 bis 5 Prozent Zinsen an, inzwischen ist dieser
Hinweis von der Homepage getilgt worden.
Verbraucherschützer sind skeptisch: „Aus derzeitiger Sicht spricht nichts
dafür, ausgerechnet diesem Unternehmen Geld in Form von Nachrangdarlehen zu
leihen“, schreibt Finanztest. Die Zeitschrift der Stiftung Warentest
erklärte, sie werde „PmK beim nächsten Update auf die Warnliste Geldanlage
setzen“.
Bis zu 250 Millionen Euro will PmK sammeln und das Geld anschließend –
wiederum in Form von Nachrangdarlehen – gebündelt an andere Firmen
weiterreichen. Welche das konkret sein sollen, ist nicht zu erfahren, die
Firma vertröstet noch „bis in einigen Tagen“. Unterdessen spekulieren
Beobachter, PmK wolle möglicherweise auch Teile von Prokon kaufen.
Geschäftsführer des neuen Unternehmens ist übrigens Christian August. Der
habe, sagt Ex-Prokon-Mann Gronau, mit Prokon nichts zu tun. Das
Prokon-Management habe ihn „erst im Rahmen des Insolvenzverfahrens
kennengelernt.“ Mit Firmenpleiten kennt August sich aus: Er war
Geschäftsführer der Colbitzer Heidebrauerei, als diese im November 2012 in
die Insolvenz schlitterte.
27 Oct 2014
## AUTOREN
Bernward Janzing
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