# taz.de -- Modelle für Crowdfunding: Verschenken, vermehren, verleihen | |
> Der Kapitalerwerb durch den Schwarm ist die Grundidee des Crowdfunding. | |
> Über Modelle, Plattformen, Vorteile und Risiken. | |
Bild: Kein Geld? Der Schwarm hilft weiter. | |
## REWARD BASED CROWDFUNDING: Garantierte Belohnung | |
Beim sogenannten klassischen Crowdfunding erhalten die Geldgeber für ihren | |
Einsatz eine klar definierte Gegenleistung, auch „perks“ (Vorteile) | |
genannt. Diese Belohnungen („rewards“) variieren je nach Höhe des bezahlten | |
Geldbetrags. | |
Bei dem ortbaren Koffer von Bluesmart beispielsweise reichen diese | |
Belohnungen von der Namensnennung auf der Unternehmenswebsite über ein | |
Exemplar des Koffers bis hin zu Fabrikbesichtigungen in China und Taiwan. | |
Generell gilt: Auch bei geringen Summen steht dem Geldgeber eine Belohnung | |
zu. Rechtlich betrachtet schließen die Geldgeber mit dem Projektinitiator | |
einen Kaufvertrag über die vereinbarte Belohnung ab. Sollte Bluesmart aus | |
irgendeinem Grund den versprochenen Koffer nicht herstellen oder | |
rechtzeitig ausliefern, könnten die Unterstützer nach einer verstrichenen | |
Frist vom Vertrag zurücktreten und ihr Geld zurückverlangen. | |
Dieses Recht greift auch dann, wenn kein käufliches Produkt hergestellt | |
wird. Wird beispielsweise ein Museum nicht mit den gegebenen Geldern | |
restauriert oder der bereits finanzierte Science-Fiction-Film nicht | |
gedreht, kann der Unterstützer sein Geld auch Jahre später zurückverlangen. | |
„Auf die Umsetzung des Projekts hat der Unterstützer zwar keinen | |
rechtlichen Anspruch. Sie gilt aber als Geschäftsgrundlage des Vertrages“, | |
erklärt Rechtsanwalt Michael Augustin, der sich auf Crowdfunding in | |
Deutschland spezialisiert hat. „Fällt diese Geschäftsgrundlage weg, weil | |
der Initiator sein Projekt nicht umsetzen kann oder will, kann der | |
Unterstützer entweder Anpassung des Vertrags verlangen oder vom Vertrag | |
zurücktreten.“ | |
Einen solchen Streitfall gab es aber laut Augustin bisher nicht. Das dürfte | |
einerseits an den geringen Streitwerten, andererseits an der Haltung der | |
Unterstützer liegen. Wer für eine tolle Idee Geld gibt, pocht nicht auf den | |
Erhalt einer Gegenleistung, wenn die Idee nicht umgesetzt werden kann. | |
*** | |
## CROWDINVESTING: Gewinnen mit Risiko | |
Bei diesem Modell erwerben die Geldgeber eine Gewinnbeteiligung an einem | |
Unternehmen oder einem Geschäft. Im Gegensatz zum Spender- und zum | |
Belohnungsmodell wird das Geld hier nicht ausgegeben, um eine Idee zu | |
unterstützen. Es geht darum, das investierte Geld mit Plus | |
zurückzuerhalten. | |
Der übliche Vertrag beim Crowdinvesting ist das partiarische | |
Nachrangdarlehen. Das verpflichtet den Geldnehmer zur Rückzahlung des | |
Darlehens und einer Gewinnbeteiligung. Im Falle der Insolvenz verliert der | |
Investor aber Geld, wenn vorrangige Schulden bedient werden müssen. | |
Das mussten dieses Jahr Zehntausende private Anleger erfahren, die für | |
insgesamt 1,3 Milliarden Euro Genussrechte am Windparkbetreiber Prokon | |
erworben hatten. Genussrechte sind Vermögensanteile, die ähnlich wie | |
Nachrangdarlehen dem Inhaber eine Gewinnausschüttung bescheren. Besonders | |
lukrativ ist für Anleger der Exit-Erlös, eine Ausschüttung, die an die | |
Anleger ausbezahlt wird, wenn das Unternehmen verkauft wird. | |
Die Bundesregierung glaubt, dass Kleinanleger besser über die Risiken | |
solcher Geldanlagen aufgeklärt werden müssen. So sollen künftig alle | |
Vermögensanlagen Prospekte erstellen. Das sieht ein Gesetzentwurf zum | |
Kleinanlegerschutz vor, den die Bundesregierung im November vorgestellt | |
hat. Crowdfundingprojekte sollen demnach nur dann von der Prospektpflicht | |
ausgenommen sein, wenn sie nicht mehr als eine Million Euro einnehmen. | |
Anleger, die mehr als tausend Euro geben wollen, müssen ihre | |
Vermögensverhältnisse offenlegen. In jedem Fall müssten Start-ups künftig | |
Informationsblätter bei der Bankenaufsicht Bafin hinterlegen. Auch für die | |
Unterstützer wird es umständlicher: Bei Anlagen ab 250 Euro müssen sie das | |
Informationsblatt unterschreiben und an das Start-up oder die Plattform | |
zurückschicken. | |
*** | |
## CROWDLENDING: Fette Zinsen | |
Mit dieser Variante leihen sich Privatpersonen oder Unternehmen von anderen | |
Privatpersonen Geld, ohne damit eine bestimmte Projektidee verfolgen zu | |
müssen. Maximal 25.000 Euro sind als Kredit drin. Für Selbstständige, die | |
die hohen Auflagen für Bankenkredite nicht erfüllen, ist das eine gute | |
Möglichkeit, an Kapital zu gelangen. Allerdings müssen sie bei der | |
Rückzahlung des Kredits auch hohe Zinsen zahlen, je nachdem, in welche | |
Risikoklasse Kreditplattformen wie Lendico und Auxmoney die Kreditanträge | |
einstufen. Zwischen 3 und 15 Prozent werden für die Kreditnehmer fällig. | |
Trotz der Vermittlerprovision, die die Kreditplattformen kassieren, | |
profitieren die Geldgeber von den hohen Zinsen. Dafür tragen sie das | |
Risiko, im Falle einer Insolvenz ihr Geld nicht zurückzubekommen. | |
Allerdings bezeichnet die Stiftung Warentest die Kreditplattformen als | |
Alternative zur Bank, da nur etwa 3 Prozent dieser privaten Kredite platzen | |
würden und damit kaum häufiger als Bankenkredite. Crowdlending wächst | |
derzeit rasant: Allein Auxmoney vermittelte im ersten Halbjahr 2014 Kredite | |
über 24 Millionen Euro. | |
*** | |
## CROWDDONATION: Konkret spenden | |
Das auch als soziales Crowdfunding bezeichnete Modell funktioniert als | |
klassische Spende ohne Gegenleistung. Spendende erhalten eine Quittung, die | |
sie steuerlich absetzen können. Der Empfänger ist in der Regel ein | |
gemeinnütziger Verein oder eine Initiative. | |
Im Unterschied zu herkömmlichen Spenden, mit denen Hilfsorganisationen | |
Gehälter, Verwaltungskosten oder andere Projekte finanzieren, muss diese | |
Zuwendung für das beworbene Projekt verwendet werden. Crowddonation ist | |
also eine zweckgebundene Spende. | |
Seit der Gründung von Online-Spendenplattformen 2007 wurden mehr als zehn | |
Millionen Euro an Projekte in mehr als 140 Ländern gesammelt. Die größte in | |
Deutschland ist Betterplace. Sogenannte Fürsprecher bewerten die | |
Glaubwürdigkeit eines Projektes und der dahinter stehenden Organisation. | |
Auch auf klassischen Crowdfunding-Plattformen wie Startnext können soziale | |
Projekte angemeldet werden. Dafür muss die Gemeinnützigkeit nachgewiesen | |
werden. | |
1 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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